Jede Nacht leuchtet das Erinnerungsbild auf Die große Synagoge steht Düsseldorf wieder vor Augen

Düsseldorf · Die Installation „Missing Link“ erinnert an den von den Nazis zerstörten Bau an der Kasernenstraße.

Die Installation „Missing Link“ erinnert an die große Synagoge.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

In der Nacht spüren Menschen die großen Verluste wohl am intensivsten. Und wenn in dieser Dunkelheit ein Totengebet ertönt, ist dies besonders der Fall. So nahmen am Samstag an der Kasernenstraße rund 300 Menschen bedrückend deutlich wahr, welche Leerstelle dort vorhanden ist. Dort, wo einmal die große jüdische Synagoge von Düsseldorf stand. Kantor Aaron Malinsky sang die lange Version des traditionellen jüdischen Totengebetes, und während er sang, wurde das dort installierte Erinnerungsbild der Synagoge langsam erleuchtet. Als Malinsky endete, herrsche Stille – und einige der Anwesenden umarmten sich.

Eingeladen war für 22.30 Uhr. „Auf die Stunde genau vor 86 Jahren hat ein Brand die Synagoge vernichtet“, sagte Oberbürgermeister Stephan Keller. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 starben in Düsseldorf 13 Menschen jüdischen Glaubens, mindestens 70 wurden schwer verletzt. Und die Nazis zerstörten die Synagoge. Nun steht an der Kasernenstraße die Installation „Missing Link“ von Micha Kuball. Sie ist 3,40 Meter breit und 12,20 Meter hoch. Herzstück ist eine Glasplatte mit einer Zeichnung der Synagoge. Sie stammt von Architekt Josef Kleesattel. „Was ich besonders schön finde“, sagte Stadtarchivsleiter Benedikt Mauer, „dass am unteren Bildrand die offene Tür der Synagoge zu sehen ist.“ Eine Offenheit, die von den Nazis mit der Shoa beantwortet wurde.

„Benennen, was fehlt“, sagte Kuball. Dieses Benennen ist hier ein Zeigen, das mit dem Licht einsetzt. Eine Erinnerungsspur leuchtet auf der Fahrbahn hin zur Installation. Jede Nacht wird dies so sein, und das soll auch so sein, weil sich nur so die Erinnerungskultur entfalten kann – wenn denn die Menschen hinsehen und offen dafür sind, den Massenmord an den Juden nicht zu verdrängen. „Hier ist nichts fertig“, sagte Kuball deswegen.

Oded Horowitz, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, dankte der Stadt und Keller persönlich für das Engagement. Die Gemeinde sei der Idee der Installation zunächst skeptisch begegnet. Die Erinnerungskultur sei ein sensibles Thema, zumal der Gedenkstein kaum wahrgenommen worden sei. „Jetzt aber können wir alle sehr stolz sein.“ Keller nahm bei seiner Ansprache erneut deutlich Stellung gegen Antisemitismus und Judenhass. Man wolle in Düsseldorf nicht vergessen und gleichzeitig Verantwortung für das Heute übernehmen. Man sehe Judenhass vielerorts, leider auch in Düsseldorf. Schon am Freitag hatte Keller bei der Gedenkfeier im Rathaus ausgeführt, Israel-Dämonisierung und subtiler Judenhass fänden überall statt.

Keller hatte in seiner Rede die Hochschulen besonders in den Blick genommen. „Wenn Studierende ausgerechnet vor dem Erinnerungsort Alter Schlachthof auf dem Campus der Hochschule ein israelfeindliches Protestcamp aufbauen, dann ist das eine widerwärtige Geschmacklosigkeit und ein Angriff auf unsere Erinnerungskultur“, sagte er. Und wenn an der Heine-Universität Hamas-Dreiecke und Graffiti erscheinen, die Juden den Tod wünschen, müsse so etwas aufgearbeitet werden, bis hin zu möglichen Exmatrikulationen.