Altstadt ist Hells-Angels-Land

Die Rocker-Clubs stehen immer wieder im Verdacht, für zahlreiche Straftaten verantwortlich zu sein.

Düsseldorf. Drogen, Zuhälterei, Waffen, Körperverletzung und auch Schutzgelderpressung - die Liste der Straftaten, die einzelnen Mitgliedern der Rockerclubs wie "Bandidos" oder "Hells Angels" vorgeworfen wird, ist lang. "Rockergruppierungen stehen immer wieder im Verdacht, für Straftaten verantwortlich zu sein", sagt Thomas Jungbluth, Abteilungsleiter Organisierte Kriminalität beim NRW-Landeskriminalamt (LKA). Und häufig geht es dabei nach Vermutungen der Behörden um Gebietsstreitigkeiten.

Auch die jüngsten gewalttätigen Auseinandersetzungen in Duisburg, Solingen und Essen haben mutmaßlich ihre Wurzeln in Streitigkeiten im Duisburger Rotlichtmilieu: Der Free-Fighter Timur A., der am 8. Oktober in Duisburg ein "Bandido"-Mitglied per Kopfschuss tötete, gehörte nach Erkenntnissen des LKA zum Umfeld des im Jahr 2000 verbotenen Düsseldorfer "Charter" der "Hells Angels".

Offiziell wird das Tötungsdelikt immer noch als "Beziehungstat" gewertet. Doch inzwischen scheint festzustehen, dass es letztlich um einen Zuhälterstreit um eine 24-Jährige ging: Der mutmaßliche Todesschütze arbeitete als Aufpasser in einem Bordell in der Duisburger Vulkanstraße, gegen das Opfer hatte die Polizei zuvor ebenfalls ermittelt - unter anderem wegen des Verdachts der Zuhälterei.

Nach dem Verbot im Jahr 2000 hatte sich ein Teil der Düsseldorfer "Hells Angels" dem Chapter in Solingen angeschlossen - und ist dort immer noch aktiv. Seit dem Verbot dürfen die "Hells Angels" in Düsseldorf nicht mehr offiziell auftreten. Dennoch gehört die Altstadt immer noch zu ihren Hochburgen: Erst im August fand in der Szene-Kneipe "Engel" zum Glocken-Geläut der Hells Bells von AC/DC eine Rocker-Hochzeit statt, an der 150 "Höllenengel" teilnahmen.

Aktiv sein soll die Gruppe außerdem im Türsteher-Geschäft nicht nur in der Düsseldorfer Altstadt - über offiziell angemeldete Sicherheitsfirmen, deren Besitzer dem "Hells-Angels"-Umfeld zugerechnet werden.

Das allerdings läuft nicht immer erfolgreich. "Die machen ihre Arbeit sehr gründlich, manchmal auch zu gründlich. Das schreckt viele Gäste ab", erklärt der Chef einer Düsseldorfer Security-Firma. Darum seien viele Wirte inzwischen auch wieder dazu übergegangen, die Türsteher selbst anzustellen.

Ermittler befürchten nun, dass die Fehde zwischen den beiden Rocker-Gruppen auch auf andere Städte übergreifen könnte. Bereits in den 80er Jahren hatten sich die "Hells Angels" in Düsseldorf regelrechte Schlachten mit dem damaligen Club "Moto-Clan" geliefert, der später in die "Bandidos" überging.

"Wir können leider nicht ausschließen, dass sich die Gewalttaten zwischen ’Hells Angels’ und ’Bandidos’ noch ausweiten", sagt LKA-Experte Jungbluth. Aber: "So weit wie in Skandinavien sind wir hier noch nicht." Dort hatten sich in den 90er Jahren "Bandidos" und "Höllenengel" mit Maschinenpistolen und sogar Panzerabwehrraketen bekämpft. Bilanz: elf Morde, 74 Mordversuche und 96 Verletzte.