Zivildienst stirbt Tod auf Raten

Wird der Ersatzdienst auf sechs Monate verkürzt, verliert er endgültig seinen Sinn, fürchten die Wohlfahrtsträger.

Düsseldorf. Immer weniger Zivildienstleistende tun immer kürzer Dienst. Die Zivi-Misere besteht zwar seit Jahren. Doch wenn Wehr- und Ersatzdienst tatsächlich, wie von der neuen Bundesregierung geplant, auf sechs Monate eingedampft werden, stellt sich die Existenzfrage: "Nein, bei allen anspruchsvolleren Tätigkeiten muss man dann wohl auf Zivis verzichten", befürchtet Christoph Wand, Sprecher der Diakonie in Düsseldorf, "denn von den sechs Monaten muss man ja noch Eingewöhnungszeit, Seminare und Urlaub abziehen".

Knapp 20 Wehrdienstverweigerer beschäftigt der Arbeiter- und Samariter-Bund (ASB) in Düsseldorf noch, vor allem in den Bereichen Rettungsdienst, Hausnotruf und Erste-Hilfe-Ausbildung. "Bei sechs Monaten Dienst können wir die Zivis dort nicht mehr einsetzen, die Zeit ist einfach zu kurz, um sie zu qualifizieren. Das trifft uns schon hart", sagt Dirk Heiden vom ASB-Kreisverband.

Genauso klingt das beim Roten Kreuz: "Das ist kaum noch vertretbar. Wir bilden die Zivis erst drei Monate für ihre Tätigkeit aus, was bleibt denn da noch an Zeit übrig", fragt Sabine Jokel vom DRK in Düsseldorf. Man sehe den Zivildienst auch als Lernangebot für die persönliche Entwicklung der Zivis. "Doch mit einem bloßen Reinschnuppern entwickelt sich da kein neuer Horizont." Und: "Unser Verwaltungsaufwand erhöht sich durch den schnelleren Personalwechsel."

Das Problem betrifft alle Zivildienststellen. Die medizinischen bei Rettungsdiensten oder Krankenhäusern, wo Zivis auch Blutdruck messen oder Urin-Beutel wechseln. Aber auch die sozialen: "Mittagessen bringen, Spazierengehen, Zeitung vorlesen oder Einkaufen mit alten Menschen - immer geht es auch um ein Vertrauensverhältnis. Da kann man nicht alle Nase lang neue Leute einsetzen", meint Iris Bellstedt vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Bellstedt stört, dass der Zivildienst "einen schleichenden Tod stirbt", da sei ihr ein rasches Ende lieber. Dann indes müssten Alternativen ausgebaut werden: "Das können mehr von der Arge geförderte Stellen für Hartz-IV-Bezieher sein. Und der Bund müsste das eingesparte Geld in den Ausbau des Freiwilligen Sozialen Jahres investieren".

Letzteres wird in Düsseldorf immer populärer. Beim ASB etwa gibt es bereits mehr Bewerber als Stellen. "Doch wenn wir für Taschengeld, Unterkunft, Verpflegung und Sozialversicherungen gerade stehen, ist das FSJ für uns teurer als der Zivildienst", sagt Dirk Heiden.