"Brieftauben fliegen so schnell, weil sie die Liebe spüren"

Fast 150.000 Euro ist eine einzige Top-Taube wert, die Anfang Januar gestohlen wurde. Was an den Tieren so fasziniert, erläutert Rüdiger Menzel (71).

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Brieftauben werden schneller durch Liebe und Fürsorge, sagt Rüger Menzel. Der 71-jährige Züchter aus Gerresheim schmunzelt dabei, als verrate er einen Trick, den man eh nicht nachmachen kann, auch wenn man ihn kennt: „Tauben fliegen auf ihren Schlag und auf ihre Partner. Und sie fliegen auf den Menschen, der sie hält.“

Schnelle Brieftauben aber werden sehr wertvoll. 150 000 Euro soll ein einzelnes Tier kosten, das Anfang Januar aus dem Schlag eines Unterbacher Züchterkollegen Menzels gestohlen wurde.

Für ihn sei Taubenhalten wie eine Sucht, sagt Menzel, der früher Bankkaufmann war. Zu den Tieren sei er schon als Junge gekommen, Mitte der 1950er Jahre. Der Großvater habe Tauben für die Küche gehalten. Menzel: „Ich hab’ an der Regenrinne eine Brieftaube gefangen. Das war der Anfang.“

Mit Schulkameraden habe er später seine Tauben per Fahrrad vom Haus weg gefahren, um sie fliegen zu lassen. Der Düsseldorfer Züchter-Verein fährt für die Flüge in Spezial-Lkw an die Auflass-Stellen. Das fange in Gummersbach an und gehe bis nach Österreich hinein, sagt Menzel. Mit Tempo 70 oder 80 fliegen die Tiere heim, umrunden örtliche Gewitter und halten auch mal zehn Stunden am Stück durch. Die Flugzeit wird elektronisch gestoppt; überregionale Meisterschaften sind hoch dotiert.

„Es ist das gegeneinander Antreten, das die Faszination ausmacht“, sagt Menzel. Früher hätten die Fans auf ihre Tiere Geld gesetzt. Das gebe es jetzt nicht mehr. Es klingt bedauernd.

Menzel hält 63 Tauben in einem ausgebauten Gartenschuppen am Stadtrand. Und sie würden „ziemlich weit oben“ in der Liste des Vereins geführt. Wer nach dem ersten Blick denkt, die seien ebenso grau wie die Exemplare vom Bahnhof, dem erläutert er geduldig die Details: Das saubere, glänzende Gefieder, die lebhaften Augen — Zeichen für Pflege.

Jeden Morgen um Acht schaut Menzel zum ersten Mal nach dem Rechten. Es gebe immer was zu tun, erläutert der 71-Jährige. Füttern, Reinigen; die Rücksprache mit einem Tierarzt gehöre auch dazu. Die Familie habe sich an den hohen Zeitbedarf gewöhnt. Der sei aber wohl der Grund, warum die Züchter weniger werden: „Die jungen Leute interessieren sich mehr für Technik.“ Und auch das klingt bedauernd.