Engpässe: Drogeriemärkte rationieren Milchpulver
Weil Chinesen Milchpulver in deutschen Drogerien aufkaufen, ist die Babynahrung auch in Düsseldorf knapp.
Düsseldorf. Sabine Bongart ist gestresst. Die junge Mutter ist unter Zeitdruck, der Großeinkauf im Drogeriemarkt steht an, doch Söhnchen Till quengelt. „Ich komme aus der Innenstadt und fahre extra nach Rath, um Milchpulver für Till zu bekommen“, sagt die 35-Jährige. Die nächste Drogerie sei von ihrer Wohnung zwar nur wenige Minuten entfernt, aber dort seien die Regale immer „wie leer gefegt“. „Da muss ich die Fahrt und das Gequengel meines Sohnes wohl oder übel in Kauf nehmen“, sagt Bongart.
Till ist sechs Monate alt und wird seit drei Monaten nicht mehr gestillt. „Wir sind auf das Milchpulver angewiesen“, sagt sie. Einmal an eine bestimmte Marke gewöhnt, wolle sie nun auch nicht mehr auf eine andere — nicht sofort ausverkaufte — umsteigen. „Meine Hebamme hat auch davon abgeraten“, sagt Bongart. Wie der 35-Jährigen ergeht es vielen Düsseldorfer Müttern, die im Drogeriemarkt das Milchpulver als Ersatz für Muttermilch kaufen wollen. Grund sind Hamsterkäufe von Chinesen, die das Milchpulver in großen Mengen in ihre Heimat schicken. Dortigen Produkten vertrauen die Menschen nach einem Lebensmittelskandal nicht mehr (siehe Info-Kasten).
Drogerie-Fachverkäuferin
Auf Nachfrage in einer Rossmann-Drogerie in der Innenstadt heißt es von einer Verkäuferin: „Sobald eine Lieferung eingetroffen ist, wird sie uns von Chinesen aus den Händen gerissen.“ Das chinesische Neujahrsfest im Februar hat diesen Run offenbar noch verstärkt: Trotz der Stückzahlbeschränkung — pro Person dürfen nur drei Packungen gekauft werden — sei das Regal meist schon am Abend des Anlieferungstages wieder leer. „Es rücken ganze chinesische Großfamilien an“, sagt die Verkäuferin. „Oder einzelne Personen kommen über den Tag verteilt mehrmals. Da können wir kaum gegen vorgehen.“
Einige Meter weiter in einer dm-Filiale sind die Bedingungen sogar noch schärfer. „Pro Person darf ein Paket Milchpulver gekauft werden“, sagt eine Verkäuferin. Ausnahmen könnten nicht gemacht werden. „Das Milchpulver wird regelrecht missbraucht“, sagt sie. „Jeder sollte die Möglichkeit haben, zumindest ein Paket zu bekommen. Deshalb machen wir bei der Beschränkung auch keine Ausnahmen.“
Christoph Werner, dm-Geschäftsführer erklärt: „Seit geraumer Zeit verzeichnen wir eine extrem hohe Nachfrage nach verschiedenen Säuglingsnahrungen, die die Hersteller nicht ausreichend bedienen können. Dies hat zur Folge, dass wir die Warenpräsenz nicht überall gewährleisten können.“ Um Hamsterkäufe zu vermeiden, sei die Begrenzung der Stückzahl auf haushaltsübliche Mengen eingeführt worden.
Melanie Pinnow ist froh, dass sie ihre sechs Monate alte Tochter mit Muttermilch versorgen kann. „In meinem Freundeskreis gibt es verzweifelte Mütter, die mehrere Läden abklappern müssen, um Milchpulver zu finden“, sagt sie. „Es ist schlimm, wenn man nicht weiß, wie man sein Kind ernähren soll.“