„Der Camper ist zwanglos und spontan“
Auf dem Messeparkplatz ist abends von Ruhe keine Spur. Ein Selbstversuch.
Düsseldorf. „Der Camper liebt seine Unabhängigkeit, das etwas zwanglosere Leben, ist spontan, kurzentschlossen und ein freier Mensch“, sagt Kurt Manowski, Marketingleiter der Firma Adria. Der Mann muss es wissen, denn er verkauft auf der Caravan-Messe in Düsseldorf jede Menge Wohnwagen und Reisemobile.
Eigentlich eine ganz tolle Beurteilung über Menschen und daher Grund genug, einmal auf die Caravan-Messe zu gehen und sich unter dieses bunte, unabhängige und zwanglose Völkchen zu mischen, um es einmal etwas genauer kennenzulernen.
Der durchschnittliche Reisemobilkunde ist übrigens laut Kurt Manowski Mitte 50 und der Caravankunde Mitte 40. Die Messe ist behilflich und sorgt freundlicherweise für eine Schlafgelegenheit. Abends ist auf dem Parkplatz die Hölle los, tausende Wohnwagen und Caravans sind hier abgestellt.
Die erste Begegnung führt zu einem Camping-Oldie-Club. „Das bezieht sich aber auf die Fahrzeuge, nicht auf unser Alter“, sagt Reinhard Falk lächelnd, und alle nicken zustimmend. Na ja, da kann man auch anderer Meinung sein . . . Sehr nett und gastfreundlich sind sie auf jeden Fall. Erst einmal gibt es ein leckeres Glas Rotwein zur Begrüßung und danach darf es noch eine Flasche Pils sein.
Die Messe hat den Verein eingeladen, um der Veranstaltung eine nostalgische Note zu geben. Den Club gibt es seit 25 Jahren und die meisten sind schon seit ihrer Kindheit auf Campingplätzen zu Hause. „Es hat sich schon einiges verändert“, meint Jürgen Scherb, Vorsitzender der Oldies, „früher waren die Leute viel geselliger und haben mehr zusammengesessen. Bei uns haben die meisten noch nicht einmal einen Fernseher dabei.“
396 Mitglieder hat der Verein und verfügt fast über 800 Fahrzeuge. Bei ihnen wird Geselligkeit noch groß geschrieben und so sitzen alle zusammen auf der Wiese. Heute gibt es Pizza. „Das ist aber die Ausnahme“, sagt Andreas Mertzbach, dessen Fahrzeug vom Baujahr 1964 das älteste auf der Messe ist, „normalerweise grillen wir, wie es sich für richtige Camper gehört.“
Weiter geht es mit dem Parkplatzrundgang. In der Nähe läuft laute Musik. Grund genug, da doch mal vorbeizuschauen.
Auf einmal taucht im Dunkeln ein riesiges Partyzelt auf. Drinnen spielen vor etwa 1000 Besuchern gerade die Schluchtenkracher zum Bayerischen Abend Lieder von Hansi Hinterseer. Das ist sicher nicht jedermanns Geschmack, aber die zwei Jungs und die hübsche Sängerin aus Dinslaken steigern sich. Sie wechseln die Musikrichtung und allmählich füllt sich auch die Tanzfläche. „Jeden Abend haben wir hier Live-Musik und die Hütte ist immer gerammelt voll“, freut sich Zeltwirtin Ilona Scheuten.
Wilfried und Ute Fuhner aus Oberraden im Westerwald haben ihr Reisemobil direkt neben dem Zelt abstellen müssen: „Das ist schon etwas laut, aber es war der einzige Platz mit Stromanschluss, der noch frei war.“ Davon gibt es nämlich nur 800 und die sind heiß begehrt, erklärt Detlef Erkeling, Leiter des Caravan-Centers.
Nach ein paar Stunden Party geht es wieder zurück in den Wohnwagen. Raus aus den Klamotten und ab ins Bett. Aber an Schlaf ist nicht zu denken. Die Band spielt gerade „Rockin’ all over the world“ und in der Nachbarreihe möchte man noch feiern.
Um zwei Uhr ist Ruhe, doch auf dem Messeparkplatz gibt es einen automatischen „Wecker“: Punkt sechs startet das erste Flugzeug vom nahen Airport und jetzt wird auch klar, was Reinhard Falk vom Oldie-Club am Abend zuvor meinte: „Hier schlafen nur die ganz Harten bis 6.30 Uhr.“ Campen ist ja ganz schön, aber so richtig zur Ruhe kommt man nicht — zumindest nicht auf dem Messeparkplatz.