Warum haben Sie mitten im Pandemie-Sommer 2021 ein Lifestyle-Festival unter der Dachmarke Düsseldorf Fashion Days erfunden?
Düsseldorf als Mode-Hauptstadt Zur Fashion-Show ohne VIP-Ticket
Düsseldorf · Die Leiterin der Wirtschaftsförderung spricht über die Bedeutung der Mode für den Standort Düsseldorf.
Die Stadt steht für Einkaufen mit Niveau und gilt bundesweit als Shopping-Ziel. Theresa Winkels über Düsseldorfs Zukunft als Mode-Hauptstadt.
Theresa Winkels: Mit der Einführung der DFD Festival Edition wollten wir in einer wirklich angespannten Zeit und Lage ein Statement setzen und Rückendeckung geben. Die Fashion-, Beauty- und Lifestylebranche in Düsseldorf schafft Arbeitsplätze und liefert Steuereinnahmen. Sie zieht Geschäftsleute und Touristen gleichermaßen an und prägt unser Image. Leider verzeichnet sie noch immer eine spürbare Konsumzurückhaltung, daher ist es wichtig, gerade jetzt mit unserem Festival einen Gegenpol zu setzen und einen Rahmen für die Weiterentwicklung zu geben. Viele wissen gar nicht, dass der Ruf Düsseldorfs als Modemetropole vor allem durch den Orderstandort begründet ist. Schließlich findet das Geschäft meist hinter verschlossenen Türen statt. Das wollen wir mit dem Festival aufbrechen und den Glamour der Modemesse erlebbar für alle machen.
Am Samstag startet die 3. Sommer-Festival-Edition. Inwiefern stärkt diese mit 300 000 Euro aus dem städtischen Haushalt geförderte Initiative den Mode- und Wirtschaftsstandort?
Winkels: Ich bin sehr zufrieden, denn von Jahr zu Jahr wächst das Interesse der Mode-, Beauty- und Lifestyle-Akteure, an diesem Event mitzuwirken. Mit knapp 130 teilnehmenden Unternehmen und Institutionen zeigen wir am 22. Juli gemeinsam die unglaubliche Vielfalt, die der Standort zu bieten hat. Unser Engagement wird durch einen messbaren Anstieg an modebegeisterten Kundinnen und Kunden belohnt, die in die Innenstadt strömen. Aktionen wie die Fashion Show, die wir nun zum zweiten Mal mit prominenter Platzierung im Stadtkern planen, zahlen auf die Idee ein, die Branche sichtbar zu machen. Bei uns benötigt keiner eine VIP-Einladung, bei uns kommt man einfach vorbei.
Welchen Stellenwert haben Mode und Beauty im Ranking mit anderen lokalen Wirtschaftszweigen?
Winkels: Am Standort haben wir knapp 1200 Unternehmen aus den Geschäftszweigen Mode, Beauty und Design sowie über 600 Showrooms, in denen teils das ganze Jahr über geordert wird. Wir sind auch Heimat vieler Labels, Mode-Agenturen und Designer. Die Unternehmen dieser Branchen repräsentieren rund vier Prozent der Unternehmerschaft, erwirtschaften aber rund sieben Prozent des Umsatzes der in Düsseldorf ansässigen Firmen. In NRW setzt Düsseldorf damit knapp ein Fünftel des Gesamtumsatzes der Branche um. Auch im Branchenvergleich am Standort landet Mode, Beauty und Design in den Top 5. Aus diesem Grund wurde das Fashion Net als Branchenverband und bundesweit kompetente Stimme aus Düsseldorf gegründet. Der von der Stadt unterstützte Verein ist im aktuellen Wettbewerb der Standorte ganz entscheidend.
Sie wollen gemeinsam mit dem Fashion Net Mode erlebbarer machen. Was erwartet die Besucher am Samstag?
Winkels: Das Highlight bildet die Fashion Show am Corneliusplatz, daneben haben wir aber einen Catwalk auf dem Schadowplatz zum Mitmachen, Stände und Food-Trucks sowie Aktionen und Events in den Stores. Peek & Cloppenburg plant bereits zum dritten Mal in Folge ein Schaufensterkonzert. Musik gibt es am Stadtstrand Tonhallenufer und beim Kö-Bogen-Sundowner am Uecker Nagel. Das Hetjens-Museum bietet einen Workshop zur Gestaltung von japanischen Handfächern und zeigt Ausstellungsstücke einer Künstlerin, die aus einer Kooperation mit dem italienischen Modehaus Fendi entstanden sind. Das Stadtmuseum präsentiert Arbeiten der Akademie Mode & Design, organisiert einen Upcycling-Workshop und eine Führung zur Düsseldorfer Modegeschichte. Hierzu wird es auch eine Foto-Sonderausstellung im Steigenberger Parkhotel geben, die die Entwicklung des Standortes und der Mode verdeutlicht. Zur Abrundung läuft das Loretto-Straßenfest und im Fürstenpalais bei „The Market“ stellen eine Reihe lokaler Labels und Brands aus.
Mit Blick auf die Entwicklung der Modebranche und das veränderte Kaufverhalten durch den Online-Handel: Hat die Stadt das Zeug dazu, sich in Zukunft als Modehauptstadt zu behaupten?
Winkels: Messen und Handel verändern sich so wie die Mode selbst. So sind die Düsseldorf Fashion Days. Und es sind unternehmerische Entscheidungen gefallen: Im Januar ist die Messe Neonyt nach Düsseldorf gekommen, diesen Sommer eröffnet die Supreme einen neuen Standort, der für die nächsten acht Jahre gesichert wurde. Das sind klare Standort-Commitments. Selbst die Verlage kommen mit Veranstaltungen in diesem Sommer zurück und laden zu Branchentreffen ein. Gemeinsam mit BMW richtet zum Beispiel Burda die New Faces Fashion Night aus. Die Instyle ist sogar als Partner mit an Bord. Unser Engagement möchte genau das: mehr Vernetzung, mehr Aktivitäten und Angebote, mehr Zusammenhalt und die gemeinsamen Interessen bündeln. Das fördert ganzjährige Sichtbarkeit für die Themen Fashion, Beauty und Lifestyle, schafft eine zukunftsfähige Plattform für Order und Handel, die sich nicht nur über die Ordertage erstreckt.
Das, was die Stadt so erfolgreich gemacht hat, ist das starke Ordergeschäft – und das, obwohl Berlin für die Mode im Jahr zwei Millionen Euro Fördergeld in die Hand nimmt. Lassen sich die wirtschaftlichen Effekte beziffern?
Winkels: Natürlich zeigen sich die Effekte in den bereits genannten Umsatzzahlen und der Entwicklung der vielen Engagements und Investments der Branchenakteure. Aber nicht jede Aktivität ist unmittelbar im wirtschaftlichen Effekt belegbar. Tendenz trotz Branchenherausforderung ist: In Düsseldorf wird weiterhin in Handelsflächen für diverse Segmente investiert. Wir haben zwar nicht die Mittel, die Berlin zur Verfügung stellt, dafür aber Know-how, Kompetenzen und organisch gewachsene Strukturen, wie das Fashion Net, die Düsseldorf zu dem Modehotspot Deutschlands machen, der er nun ist.
Wandel ist das Lebenselixier der Branche, ein Beispiel: Trendthema Nachhaltigkeit. Was bietet dazu Düsseldorf?
Winkels: Nachhaltigkeit wird über alle Bereiche hinweg sehr ernst genommen. In meinem Bereich haben wir beispielsweise den Klimapakt mit der Wirtschaft initialisiert. Mode und Beauty haben ein breites Angebot an nachhaltigen Produkten. Die Anzahl an entsprechenden Labels wächst. Dazu zählen Bearth oder Tascali, die auch im Rahmen der Neonyt präsent sind. Wir freuen uns sehr, dass erstmals nachhaltige Einzelprodukte und Capsule Collections mit dem Green Product Award Fashion auf der Neonyt ausgezeichnet werden. Daneben haben wir mit Heiko Wunder und Wunderwerk einen Pionier der nachhaltigen Mode vor Ort. Er zeigt seine Kollektion auch bei der Fashion Show. Zudem gibt es einige Unternehmen, die sich mit den Themen Transparenz und Lieferketten auseinandersetzen, darunter das Startup Retraced.
Der 2013 eröffnete Kö-Bogen ist eine Architektur-Ikone und ein Beispiel dafür, dass Handel viel mehr ist als nur Shoppen. Schauen Sie mit Sorge auf das derzeit finanzielle Dilemma rund um den auf der Kö geplanten Calatrava-Bau?
Winkels: Wir stehen im engen Austausch mit allen Akteuren, die mit enormen Investitionsvolumina die Umgestaltung der Kö voranbringen. Die Entwicklungspotenziale in den Top-Lagen sind ungebrochen, das gilt selbstverständlich auch für Düsseldorf. Schon heute übersteigt die Nachfrage an 1a-Lagen das Angebot. Weshalb hochkarätige Luxusmarken derzeit bereits auf die westliche Kö ausweichen. Demnach schauen wir zuversichtlich auf die Entwicklung der Königsallee und auch des gesamten Einzelhandelsstandortes als solchen.
Sie sind eher der sportliche Typ – wie beschreiben Sie ihren Modestil?
Winkels: Wenn es denn ein Stil ist, dann ist der praktisch, bequem und trotzdem schick. Zudem mag ich Farben, breche gerne Regeln und habe als Radlerin eigentlich immer Turnschuhe zum Wechseln dabei. Was ich nicht besitze sind: klassische Hosenanzüge und Kostüme.
Wissen Sie schon, was Sie zur Fashion Show auf der Königsallee anziehen?
Winkels: Meine Garderobe plane ich nur bei Geschäftsreisen – das ist gar nicht mein Ding. Also nein.
Welches Outfit würden Sie für Düsseldorf aussuchen?
Winkels: Wir sollten uns mehr Kontur und Farbe zutrauen, es gibt Raum für viele Gesichter und Stile, nur keine Konformität. Doch konsequent darf das Outfit es sein – auf der Kö wie in Flingern.