Die Gemeinschaft zieht an einem Strang Nachbarn starten Hilfsaktionen nach dem Brand
Düsseldorf · Die Nachbarschaft unterstützt sich, wo sie nur kann.
Eine starke Explosion hat den Stadtteil Flingern erschüttert. Das Haus an der Ecke Grafenberger Allee und Lichtstraße ist nach der Detonation in einem Kiosk nicht mehr bewohnbar. Doch auch wenn der Schock tief sitzt, so ist der Drang in der Nachbarschaft, den betroffenen Menschen zu helfen, umso stärker. Sie stehen im Austausch, starten Internetaufrufe und Spendenaktionen.
Kaweh Feriduni und seiner Frau Maja gehört die Physiotherapiepraxis „Körperhandwerk am Hanielpark“ im gleichen Gebäudekomplex. Für sie entstand ein noch unabsehbar wirtschaftlicher Schaden, um den sich die Versicherung kümmert. „Es hätte auch anders ausgehen können. Wir arbeiten nur hier. Schock und Stachel sitzen tief, aber meiner Frau, den Kindern und mir geht es gut“, sagt er.
Als Physiotherapiepraxis, die sich auch auf Kinder spezialisiert, seien Patienten auf sie angewiesen. „Ich habe einen Aufruf auf Facebook gestartet. Wir wollen und müssen behandeln“, sagt Kaweh Feriduni. Die Rückmeldungen: enorm. Die Hilfsbereitschaft sei groß und er schöpft Hoffnung. „Es haben sich unglaublich viele Menschen gemeldet. Und auch Physiopraxen, die eigentlich Konkurrenz sind.“ So bietet ihm der Betrieb nebenan seine Räume für die Patientenbehandlung an. „Meine Kollegin ist gerade drüben arbeiten. Das finde ich schön!“ Auch andere Praxen aus der Umgebung oder Nachbarn boten ihre Hilfe an. Manche haben Kontakte oder stellen ihre Räume zur Verfügung. Das sei keine Selbstverständlichkeit, so Feriduni. „Alle denken ans Helfen, auch, wenn man die Menschen nicht kennt. Es entsteht eine Gemeinschaft – und die zieht an einem Strang“, sagt er. Das Stahlinstitut VDEH stellt Räumlichkeiten in der Sohnstraße zur Verfügung, erzählt er. „In circa zwei Wochen können wir wieder arbeiten, nur in anderen Räumlichkeiten.“
Feriduni sei kurz mit der Feuerwehr in der Praxis gewesen, um seinen Rechner und Patientenakten zu retten. „Ich weiß nicht, ob lüften reicht oder ob die Stoffe und Gerüche in den Wänden und den Behandlungsbänken stecken. Oder wie die Böden aussehen, da Wasserrückstände von den Löscharbeiten sein könnten.“ Wenn man das Gebäude betrete, sehe man, dass die Decke abgebrochen, Telefone geschmolzen, Scheiben gesprungen seien und Lampen auf dem Boden liegen.
Auch Martin Gafert, der 150 Meter entfernt wohnt, will helfen und eine Spendenaktion starten. „Als ich die Bilder vor Ort gesehen habe dachte ich mir, dass das nicht sein kann“, so der 52-Jährige. Die Konsequenz für ihn: aktiv werden und „einfach mal machen“. Über die Plattform „nebenan“ startete er den Aufruf und traf sich mit acht weiteren Leuten, die sich bei ihm meldeten. „Da haben Menschen ihr Zuhause verloren. Was kann ich da als Nachbar tun? Klar ist: Wir brauchen Kohle“, sagt er bestimmt. Über die Spendenplattform „Go fund me“ will er Geld sammeln und den Betroffenen helfen. Er rechnet mit um die 5000 Euro pro Person. „Ich habe von 70 Betroffenen gelesen. Das macht 350.000 Euro gesamt. Zu denen will ich Kontakt herstellen.“ Auf „Go fund me“ sei alles transparent. Spender können anonym bleiben oder ihren Namen hinterlegen.