Nostalgische Räder in Düsseldorf Auf den Spuren von Eddy Merckx

Düsseldorf · Bei der Klassikerausfahrt des Radsportgeschäfts Schicke Mütze geht es mit alten, aber guterhaltenen Rennrädern ins Grüne. Der Spaß an nostalgischen Zweirädern wird für „Infizierte“ dabei schnell zu mehr als nur einem Hobby.

Niklas Zicherow ist mit seinem klassischen Rad dabei.

Foto: Anne Orthen

Es gab einmal eine Zeit, da war die Radsportwelt noch irgendwie in Ordnung und das Wort Doping weitgehend unbekannt. Als Eddy Merckx, wegen seines Hungers nach Siegen auch der Kannibale genannt, Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre fünfmal jeweils die Tour de France und den Giro d’Italia gewann, er mit spielender Leichtigkeit Pyrenäen und Alpen hinauf strampelte, setzte weltweit eine Radsporteuphorie ein. Nur am Rande sei hier erwähnt: Auch der Belgier wurde irgendwann des Dopings überführt.

Aber das tut hier nichts zur Sache, denn es geht ja eigentlich um einen Haufen Radsportverrückter, die genau diese Zeit wieder aufleben lassen wollen, wobei das eigentliche Zweirad ganz klar im Fokus steht. Es sind Rennräder der Marken Motobecane, Casati, Koga Miyata, Pinarello oder schlicht Gigante, die irgendwann in dieser goldenen Zeit gebaut wurden. Sie haben freiliegende Bremszüge über dem Lenker, Körbchenpedalen und Unterrohrschalthebel und ganz bestimmt keinen kleinen Motor, der das Fahren erleichtert. Für diese Liebhaber nostalgischer Rennräder gab es die Klassikerausfahrt, die wieder im Rahmen des Rennens „Rund um die Kö“ stattfand. Organisiert wurde diese von der Schicken Mütze, dem kultigen Radsportgeschäft, das nach dem Umzug von der Talstraße vor vier Jahren jetzt seine Zelte an der Oststraße 119 im Hinterhof aufgeschlagen hat. Vor 14 Jahren hat Carsten Wien mit dem Schicke-Mütze-Team die erste Tour ins Grüne organisiert, dann kam irgendwann Corona, inzwischen koordiniert Volker Banken die Ausfahrten, die nichts mit Leistungssport zu tun haben. Dabei geht es eher darum, die alten Schätze zu zeigen, in geschlossenem Verbund zu fahren, irgendwo einzukehren und sich auszutauschen. Rund um Neuss, der Erft entlang, über Büttgen und Kleinenbroich, Meerbusch und Kaiserswerth zum „Park der Sinne“ in Kaarst ging es dieses Mal 75 Kilometer über eine vorwiegend flache Strecke.

„Die Nachfrage ist mittlerweile so groß, dass wir solche Events auch zu anderen fixen Radsportterminen wie der Cycling World oder Querfeldrhein anbieten“, erzählt Banken. Nicht immer sind es 40 Teilnehmer so wie jetzt, manchmal auch nur 20, „sie kommen dafür aber teilweise von weit her angefahren, sogar aus Norddeutschland“, berichtet Banken. Einige kommen oft, andere nur manchmal, „und wir freuen uns über jeden Neuzugang“, so der Radsportexperte der Schicken Mütze. Gerne zahlen diese dann auch die 18 Euro Gebühren, die stets einem guten Zweck zur Verfügung gestellt werden. Die Altersspanne reicht von 30 bis 70, Hauptsache die alten Räder sind fahrtüchtig.

Die Rennräder stammen meist aus den 50er, 60er, 70er Jahren, „es geht gar nicht so sehr darum, dass sie möglichst alt sind, sondern dass man einen persönlichen Bezug dazu hat“, erklärt Banken. Denn für Vorkriegsmodelle zum Beispiel ist es natürlich ungleich schwerer, Ersatzteile aufzutreiben, „da verliert man schnell den Spaß, denn die Räder sollen ja tatsächlich auch gefahren werden“. Denn die selbst vorgenommene „Renovierung“ des Rades ist Teil des Hobbys, „und wem es nach monatelanger Suche tatsächlich gelingt, eine seltene Felge online in Japan aufzutreiben, der ist unfassbar glücklich, dann zahlt man auch gerne die Zollgebühren“, erzählt Udo Kropeit, der extra aus Wanne-Eickel angereist ist.

Und wer dann einmal mit diesem Virus infiziert ist, belässt es auch nicht bei einem Rad. Kropeit hat sieben, Banken sogar zehn, „da wird dann das Wohnzimmer schnell mal zum Lager und die Küche zur Schrauberwerkstatt“, berichtet Banken aus Erfahrung. „Obwohl sich so ein Rad temporär natürlich auch gut als Wandschmuck eignet“, nennt Kropeit Alternativen zur Aufbewahrung. Wobei nach Möglichkeit immer auf Originalität geachtet wird, Speichen oder Kette dürfen nicht mal so eben von einem anderen Hersteller, aus einer anderen Serie sein. Und auch das Outfit muss natürlich stimmen. So trug Niklas Zickerow ein Oberteil aus Merinowolle, wie es damals Trend war. „Das wird jetzt wieder modern“, schwört er und schultert sein rotes Motobecane-Rad.

Die Erlöse werden für das Projekt „World Bicycle Relief“ verwendet. Weitere Infos unter worldbicyclerelief.org/de und schickemuetze.de/pages/muetzenrunden.