In der Messe Düsseldorf Inklusives Arbeiten im Fokus der Rehacare

Düsseldorf · Am Mittwoch beginnt die weltweit größte Messe für Rehabilitation und Pflege. Auch Sport- und Freizeitangebote werden vorgestellt.

Kadomo-Vertriebsleiter Udo Späker demonstriert, wie er als Rollstuhlfahrer selbstständig in seinen privaten Pkw einsteigen kann.

Foto: Christopher Trinks

Das Thema Inklusion steht dieser Tage in der Landeshauptstadt gleich in mehrfacher Hinsicht im Rampenlicht. Seit Samstag bereits treten 500 Athleten, die meisten von ihnen kriegsversehrte Soldatinnen und Soldaten, bei den Invictus Games im Arena-Sportpark sportlich gegeneinander an. Parallel dazu startet am Mittwoch in den Messehallen nebenan mit der Rehacare die weltweit größte Fachmesse für Rehabilitation und Pflege. Das gleichzeitige Stattfinden beider Veranstaltung bezeichnete Rehacare-Direktor Hannes Niemann daher auch als „positive Synergie“. „Wir hoffen, dass sowohl Besucher von den Invictus Games zu uns finden als auch andersrum.“

Unter dem Motto „Selbstbestimmt Leben“ werden dann bis einschließlich Samstag 700 Aussteller aus 37 Ländern ihre Produkte und Innovationen präsentieren. Etwa 35 000 Besucher werden bei der Messe erwartet, die erstmals 1977 ausgerichtet wurde. „Der Hauptschwerpunkt liegt in diesem Jahr beim Thema Menschen mit Behinderung im Beruf, beziehungsweise deren Integration ins Berufsleben“, sagt Niemann. Insbesondere in Halle 6 wird daher berufliche Rehabilitation und individuelle Unterstützungsmöglichkeiten umfassend aufgegriffen. Ansonsten gehört auch der Bereich digitale Assistenzsysteme sowie inklusive Sport- und Freizeitangebote wie Reisen für Menschen mit Behinderung zu den Schwerpunkten der diesjährigen Rehacare.

Vorab lud die Messe Düsseldorf zu einer Gesprächsrunde mit Herstellern und Experten der Branche ein, um über verschiedene Themen bei der Inklusion in der Arbeitswelt zu sprechen. Denn trotz Fachkräftemangel seien die Barrieren und Hürden noch immer mannigfaltig, mit denen Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen hätten, erzählt Jules Beck. Aufgrund einer neurologischen Erkrankung ist die Bloggerin und Aktivistin seit zwei Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen. Dass sie nun einen Job als Werkstudentin nachgehen könne und ein Maschinenbau-Studium an der TH Köln absolviere, sei ein langer Weg gewesen und nicht selbstverständlich.

Ausbildung und Studium flexibler und individualisierter gestalten

„Wenn die Behinderung noch vor einer abgeschlossenen Berufsausbildung eintritt, wird es schwierig“, sagt Beck. „Für Menschen mit Behinderung müssten Ausbildung und Studium flexibler und individualisierter gestaltet werden, zum Beispiel auch in Teilzeit möglich sein.“ Auch fehlende Barrierefreiheit oder Behindertentoiletten seien vielerorts an Universitäten und Arbeitsplätzen noch immer ein Problem. Einige der Hersteller, die auf der Rehacare vertreten sind, setzen jedoch ganz bewusst auf die persönliche Expertise von Menschen mit Behinderung als Arbeitnehmer. So sind beim Hildener Fahrzeugumrüster Kadomo sechs Angestellte auf einen Rollstuhl angewiesen. Vertriebsleiter Udo Späker demonstrierte an seinem privaten, umgerüsteten Pkw, wie er selbstbestimmt täglich zur Arbeit fährt. Per Aufzugsrampe gelangt er in das Fahrzeug, der drehbare Fahrersitz ermöglicht ihm das alleinige Umsteigen.

Andere Hersteller setzen auf Assistenzsysteme, die die Pflegearbeit angesichts sinkender Fachkräftezahlen unterstützen könnten. Der „EasyStand“ der Firma MotionSolutions bringt Rollstuhlfahrer in eine aufrechte Stehposition, in der sie eigenständig ihre Muskulatur trainieren oder aufrecht arbeiten können. Mit der „Remobow“-Steuereinheit können Menschen ihr Pflegebett digital steuern, ohne dafür eine Pflegekraft zu rufen. Und der „Coseat adapt“ unterstützt mit seiner beweglichen Liegeschale diejenigen, die selbst keinerlei Möglichkeiten haben, sich alleine in eine andere Sitz- und Liegeposition zu bringen.

Solche Assistenzsysteme müssten schon in jungen Jahren zur Verfügung stehen, fordert Christiana Hennemann von Rehakind, einer internationalen Fördergemeinschaft für Kinderrehablitation. Nicht nur könnten frühzeitige Investitionen in Hilfsmittel somit kostenintensive Behandlungen von Folgeerkrankungen vielleicht verhindern. Je früher der Einsatz erlernt werde, über desto mehr Selbstimmung würden die Menschen verfügen. „Dann könnten sie auch Teilnehmende des ersten Arbeitsmarkts werden, was sich viele Betroffene und Jugendliche, wünschen.“

(ctri)