Gesänge und Co. Wie Engländer und Schotten in Düsseldorf für EM-Stimmung sorgen
Düsseldorf · Richtige EM-Stimmung kommt in den Austragungsorten auf. Was es bei einem Besuch in Düsseldorfs Altstadt zu erleben gibt.
Die EM im eigenen Land – für jemanden wie mich, der 2006 noch zu jung war, um das Sommermärchen in all seinen Facetten richtig zu greifen, eine geile Sache. Und mal abgesehen vom furiosen Start der DFB-Elf sorgen vor allem Fans aus ganz Europa für diese faszinierende Stimmung. Das war bei vergangenen Turnieren zwar auch so – vermutlich hat jetzt jeder bei der Erwähnung von Nordirland und Island die gleichen Bilder im Kopf, wie ich –, doch all das live und nicht nur vor dem Fernseher mitzuerleben, ist etwas völlig anderes. Aufsaugen kann man diese Geschichten vor allem in den Innenstädten der Austragungsorte – zum Beispiel in Düsseldorf. Die Altstadt ist in den Sommermonaten vor lauter Abschlussfahrten und Junggesellenabschieden ohnehin brechend voll.
Doch wenn man dann noch hunderte Engländer und Schotten draufrechnet, deren Mannschaften unter anderem in Köln und Gelsenkirchen spielen, braucht es nicht zu verwundern, dass die berüchtigte „längste Theke der Welt“ förmlich überquillt. Ein perfekter Ort also, um die EM-Stimmung im eigenen Land mal so richtig auszukosten. Was dabei natürlich im Kopf bleibt, sind Fangesänge. Doch während wir Deutschen in diesen Tagen mit „Major Tom“ und „Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen“ kreativ nicht weiter auffallen, brillieren unsere englischsprachigen Freunde mit situativen Chören, die der eine geschmacklos, der andere brillant finden dürfte. Ein Beispiel gefällig? Die
hatten beim Auftaktspiel am Freitagabend bekanntlich wenig zu feiern, gut war die Laune trotzdem. So lenkte sich eine der Kilt tragenden Gruppen beim Stand von 4:0 damit ab, jedem Brillenträger besonders warme Worte zu schenken: „You’re the wrong Harry Potter“ („Du bist der falsche Harry Potter“) schallte es über den Rhein. Man muss sie einfach mögen, die Schotten. Eine Spur tiefsinniger wurde es inmitten der Engländer, die ohnehin für ihre kreativen Fangesänge bekannt sind. Abseits der Bolkerstraße, eben jener „längsten Theke der Welt“, haben die sich vor einem Irish Pub ausgebreitet – vermutlich auch, weil es in und um die Arena in Gelsenkirchen beim Spiel gegen Serbien nur alkoholreduziertes Bier gab. Wer hier versuchte, sich durchzudrücken, musste sich zwangsläufig mit der deutschen Geschichte auseinandersetzen: „Have the germans ever won a war?“ („Haben die Deutschen je einen Krieg gewonnen?“)Nicht die einzige Kriegsanalogie: „Two world wars and one world cup, england, england“ („Zwei Weltkriege, eine Weltmeisterschaft, England, England“) gehörte auch zu den kreativeren Ergüssen an diesem Wochenende. Ach ja, Völkerverständigung ist doch was Schönes.
Zu ernst nehmen darf man das Ganze selbstverständlich nicht, war doch die Stimmung größtenteils friedlich. Wobei ich sagen muss, dass die Österreicher deutlich zu weit gegangen sind, als sie vor den Augen zahlreicher Franzosen ein Baguette in zwei geteilt haben. Oder noch schlimmer: Ein viral gegangenes Video aus Dortmund, in dem deutlich zu sehen ist, wie albanische Fans provokativ und offensichtlich voller Streitlust eine ganze Packung (!) Spaghetti einfach so zerbrechen. Und die Uefa? Die schaut tatenlos zu. Typisch!