Düsseldorf Flüchtling findet Freunde über Facebook

2000 Reaktionen gab es in dieser Woche auf den Aufruf des Irakers und seiner Familie. Erste Kontakte hat er auch schon geknüpft.

Düsseldorf: Flüchtling findet Freunde über Facebook
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Der irakische Flüchtling Ashraf Alhoumadi hat in dieser Woche mit einem Aufruf die Düsseldorfer in dem sozialen Netzwerk Facebook tief bewegt. Mit einem Foto von sich und seiner Familie auf dem Fürstenplatz stellte er sich in der Gruppe „Nett-Werk Düsseldorf“ seiner neuen Nachbarschaft vor — und bat um Kontakte, um Deutsch und die deutsche Kultur zu lernen. Knapp 2000 Reaktionen gab es auf diesen Post, 250 Nutzer kommentierten ihn — ausschließlich positiv. Und die ersten neuen Freundschaften hat Alhoumadi bereits geschlossen, berichtet er der WZ.

Viele lachende Smileys, erhobene Daumen und Herzen hat der 36-Jährige auf Facebook bekommen. Ein Auszug aus den Kommentaren: „So funktioniert Integration!“ „Herzlich willkommen, ihr Lieben“ „Finde ich ganz toll. Das nenne ich mal Eigeninitiative.“ „Sehr gerne verbringe ich Zeit mit euch. Kontakte mich jederzeit!“ „Toller Aufruf!“ „Wohne auch in Friedrichstadt — wenn Hilfe bei Behördengängen, schwierigen amtlichen Briefen oder eine Transportfahrt erforderlich ist, schreib mich bitte gern an.“

Es ist ein Höhepunkt in der Geschichte der Familie Alhoumadi, die lange nicht immer so fröhlich war. Vor einem Jahr kam Ashraf Alhoumadi mit seiner Tochter Haya nach Deutschland. Er arbeitete in Bagdad als Ingenieur. Doch dann wollte man ihn für den Krieg gegen den IS anwerben. „Ich habe gesagt, ich weiß doch nicht einmal, wie man eine Waffe benutzt. Ich habe einen Job, Familie.“ Doch die Reaktion sei wenig verständnisvoll gewesen: Wenn er nicht mit den Kämpfern sei, dann sei er gegen sie — und somit auch ihr Feind. „Sie wollten mich töten“, sagt der 36-Jährige ruhig, aber immer noch betroffen.

Seine Frau Halah berichtet, wie nachts die Fenster ihres Hauses eingeworfen wurden, man ihrem Mann nachspürte. Gefragt, ob es nicht furchtbar schwer war, von ihrer kleinen Tochter Abschied zu nehmen, presst sie die Lippen aufeinander; Tränen rollen ihr übers Gesicht. Wenigstens lacht sie einige Minuten später wieder. Das Schwerste liegt hinter ihr. Gerade schaukelt ihre jetzt fünfjährige Tochter mit dem kleinen Bruder Musa (3). Sie sind alle in Sicherheit. Haya und ihr Vater flogen damals in die Türkei, saßen von dort bis nach Deutschland acht Tage lang im Bus. Ein halbes Jahr später folgten Halah und die Söhne Musa und Yousif (7) — ihre Reise führte von der Türkei aus erst mit dem Boot nach Griechenland, dann ebenfalls per Bus nach Düsseldorf.

Das Asylverfahren läuft noch, aber die Alhoumadis haben sich in ihrer neuen Heimat am Fürstenplatz eingerichtet. Die jüngeren Kinder gehen in die Kita, der siebenjährige Yousif zur Schule. Sie fühlen sich wohl in Düsseldorf. Nur als ein Mann mit einer Dogge am Spielplatz vorübergeht, kommt Yousif aufgeregt zu seinem Vater gerannt. „Im Irak sind die Hunde sehr wild und aggressiv — er hat immer noch Angst“, erklärt Ashraf Alhoumadi.

Diese Angst wird hoffentlich vergehen. Mit der Zeit. „Ich hatte ein gutes Leben in meiner Heimat“, sagt der Familienvater. Ein Haus, ein Auto, einen Beruf. „Aber das ist alles verloren“, ergänzt seine Frau Halah. Sie können nicht zurück, sagen sie. Und wollen auch nicht.

Ashraf arbeitet ehrenamtlich als Dolmetscher fürs Sozialamt, träumt aber von einem Ingenieursjob bei einem deutschen Autohersteller. „Geld interessiert mich nicht. Ich will nur ein gutes Leben für meine Kinder und meine Frau. Das finde ich hier.“

Und neue Freunde. Ein Mal in der Woche spielt er Fußball am Aachener Platz, eine weitere Einladung zum Training hat er jetzt durch seine Facebook-Aktion. Und weitere Termine. „Ein Mann war gerade vorhin bei uns, hat Hallo gesagt und Hilfe angeboten“, so Alhoumadi, überwältigt von der Flut der Reaktionen. Viele Einladungen zu einem Bierchen waren auch dabei. Ob er denn überhaupt Bier trinke? „Ja, ab und zu“, sagt der 36-Jährige und lacht. „Ich bin doch jetzt Deutscher!“