ICE-ausfälle: Chaos am Hauptbahnhof

Touristen und Düsseldorfer stauten sich auf den Bahnsteigen. Sie mussten auf ICs umsteigen oder Umwege fahren.

Düsseldorf. "Das ist wie ein goldener Regen!" Der Kellner des Bahnhofsrestaurants ist sichtlich guter Dinge. Dank seines "Verbündeten Deutsche Bahn" stimme der Umsatz garantiert.

Der Mann ist einer von wenigen, die sich am gestrigen Mittag über die Überprüfung aller ICE3-Fahrzeuge freuen. Denn die Zugausfälle spülen ihm die wartenden Fahrgäste in Scharen an die Tische.

Wie Gerd und Gisela Herterich. Nur "wage" weiß die Frau, die sich gerade über einen Flammkuchen beugt, wie ihre Reise nach Stuttgart nun weitergeht. Das Paar wird wohl auf einen IC umsteigen - der fährt eine Stunde später als der geplante ICE und braucht auch noch anderthalb Stunden länger. Aber ankommen werden sie, da sind beide optimistisch.

So geht es auch Christina Meyer. "Wenn sie die Züge nicht überprüfen und es passiert etwas, wäre das ja viel schlimmer", meint sie. Ihr Mann Heinz arbeitet sogar bei der Bahn. Trotzdem sagt er: "Wer ärgert sich über die Warterei nicht?! Da will man ein schönes Wochenende in München verbringen - und wenn wir heute Abend ankommen, ist der Tag gelaufen." Kurz nach 18 Uhr wollte das Paar ursprünglich schon das erste Weißbier genießen. "Jetzt kommen wir erst um 21.18 Uhr an", sagt Christina Meyer.

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Andere Fahrgäste suchen ihren Reiseweg noch an der großen Anzeigentafel am Ausgang Konrad-Adenauer-Platz. Die spult ständig die Warnung ab, dass es zu Zugausfällen komme. "Ich habe extra heute Morgen bei der Auskunft angerufen", schimpft ein Reisender nach Freiburg. "Aber die haben mir auch nur gesagt, dass ich am Bahnhof eine Alternative suchen muss."

Haarig wird die Verspätung für Pascal Wyshake. "Ich muss jetzt drei Stunden warten", sagt er - ein Desaster, denn er soll in Holland einen Lkw abholen. Pünktlich schafft er das auf keinen Fall.

Sandra Hegenbeck wollte um 20 Uhr in Oberammergau sein, wo sie am nächsten Morgen einen geschäftlichen Termin hat. "Jetzt wird es Viertel nach zwölf in der Nacht", stöhnt sie. "Und ich konnte für den IC keinen Sitzplatz mehr reservieren." Die Schreibarbeiten, die sie sich für die Fahrt vorgenommen hat, kann sie wohl ebenso abhaken wie eine entspannte Nachtruhe vor ihrem wichtigen Termin. "Das ist eine Frechheit", findet sie. "Ich verstehe nicht, dass die Bahn ihre ICEs nicht öfter überprüft."

Besonders Touristen sind mit dem Chaos am Hauptbahnhof heillos überfordert. Lisa Kattenberg und ihre niederländischen Freundinnen stehen mit fragenden Gesichtern in der Schlange im Reisezentrum. Sie sind auf Interrail-Tour durch Deutschland und auf dem Weg nach München. 18 Uhr war die angepeilte Ankunftszeit. "Jetzt wird es Mitternacht", lacht Lisa gequält. Das Trio mit den schweren Rucksäcken muss über Frankfurt fahren und mehrmals umsteigen.

Gelassener nimmt es New Yorkerin Rachel Weinhausen. Sie will ja auch nur nach Köln - in die Stadt, in der ihr Großvater gelebt hat. "Ich schaffe das schon", sagt sie selbstbewusst. "Nur sind die Leute hier gerade alle so unfreundlich." Sorry Rachel, schieb’ es auf die Ausfälle. Sonst sind die Rheinländer doch ganz anders.