Corona In der City blieb der große Ansturm auf die Geschäfte (noch) aus
Düsseldorf · Die Händler sind gut vorbereitet, aber die Kundschaft ist verunsichert. PC-Shop und Hunde-Bäckerei sind gefragt.
Strahlend blauer Himmel, Sonne satt und Mittagszeit auf der Kö. Eigentlich ein Garant für volle Bürgersteige und Geschäfte. Doch am 20. April ist alles anders. Es ist der erste Tag, nach dem Corona-Shut Down für den Einzelhandel. Auf dem Boulevard sind wenige Passanten unterwegs. Die meisten wirken so, als hätten sie ein Ziel vor Augen und würden weniger das schöne Wetter für einen Bummel nutzen.
Die Geschäfte auf der Nobelmeile sind gerüstet, doch in vielen wartet man vergeblich auf Kunden. Der große Ansturm bleibt aus. Einige haben gar nicht erst geöffnet, obwohl sie es von der Ladengröße (bis zu 800 m² Fläche) durchaus hätten tun können. Andere, wie die großen Modeketten, dürfen noch nicht wieder ins lokale Shopping-Geschehen einsteigen.
Beim Ausstatter für Outdoor-Bekleidung „Globetrotter“, lässt sich ein älteres Ehepaar zum Thema festes Schuhwerk für Wandertouren von Filialleiter Alexander Szameitat beraten. „Wir haben hier 788 m² verteilt auf zwei Etagen“, erklärt er. Üblicherweise hat er zwischen 80 und 100 Kunden am Tag. „Die kommen aber nicht alle gleichzeitig. Wir haben trotzdem unsere Einkaufskörbe auf 60 reduziert“, sagt Szameitat. Die bekommt jeder am Eingang, frisch desinfiziert, von einer Mitarbeiterin überreicht. So kann das Team den Zustrom kontrollieren. Für den ersten Tag nach dem Shut Down sei es sehr ruhig, meint der Filialleiter und führt dann weiter aus: „Wir haben vor allem Kunden, die gezielt kommen. Die wissen was sie wollen und nutzen die Zeit für eine ausführliche Beratung“.
Die würde so mancher Boutique-Besitzer auch gern geben, allein die Nachfrage ist nicht da. Ganz anders sieht es da in der „Mayerschen“ Buchhandlung an der Kö aus. Auf vier Etagen verteilt sich das Paradies für Lesefans und die steuern dieses zahlreich an. Am Ein- und Ausgang leiten zwei freundliche Mitarbeiterinnnen den Zustrom so, dass die Kunden nicht die gleiche Tür nutzen müssen. Doch im Laden fällt auf, schnell ist die Sache mit dem Mindestabstand vergessen. In den einzelnen Abteilungen stöbern und schmöckern die Besucher. Lange Schlangen an der Kasse, gibt es allerdings nicht. Am Boden sind Markierungen als Hinweis für den richtigen Abstand angebraucht, die Infoinseln mit Flatterband abgesperrt. Doch an der Kasse reibt sich die Kundschaft ein wenig verwundert die Augen. Der Buchhändler hat als „Spuckschutz“ auf Zellophan zurückgegriffen, das einfach rund um die Kasse abgerollt wurde. Eine Höchstzahl der Menschen, die sich gleichzeitig im Haus aufhalten sollen, scheint es nicht zu geben. Dafür im Aufzug der Hinweis, dass nur zwei Personen gleichzeitig darin fahren dürfen. Der Mindestabstand ist in dem kleinen Lift kaum realisierbar. Den müssen die Kunden aber nehmen, denn die Rolltreppe ins Erdgeschoss ist außer Betrieb.
Einrichtungshaus ist mit Zuspruch am ersten Tag zufrieden
Ein paar Häuser weiter hat die kleine Hundebäckerei „Dogs Deli“ ihre Pforten geöffnet. „Es wurde wirklich Zeit“, sagt Verkäuferin Melanie Opitz, denn „schon heute Vormittag sind viele Stammkunden vorbeigekommen, die es kaum erwarten konnten, für ihre Vierbeiner einzukaufen.“ Am Morgen hatte Inhaberin Friedericke Friedel noch einen Spuckschutz aus Glas mit dem Logo ihres Ladens an der Theke angebracht. „Die Kunden sind toll“, lobt Optiz. „Die machen mit und sind rücksichtsvoll.“
In den „Schadow Arkaden“ gegenüber, zeigt sich ein ähnliches Bild wie in der „Kö-Galerie“ und den „Arkaden“ in Bilk. Wenig Kunden, weitgehend leere Geschäfte. Wer shoppt, tut dies gezielt. „Es macht nicht wirklich Spaß mit Mundschutz und Mindestabstand“, bilanziert Katharina Brombach, die bei „Butlers“ in den „Schadow Arkaden“ nach Dekoartikeln gesucht hat.
Auf der Berliner Allee hat sich vor einem Computer-Geschäft eine lange Schlange gebildet. „Man muss schon etwas Geduld mitbringen“, meint Peter Grabowski, der ein Akkukabel erstehen will. „Die meisten wollen ja nicht mal eben was kaufen, die brauchen auch eine Beratung“, ist er überzeugt, den Grund für das zeitintensive Warten zu kennen.
Auf der Immermannstraße gehört das Einrichtungshaus „Who’s perfect“ zu den Möbelhändlern, die bei einer Geschäftsgröße über 800 m² öffnen dürfen. Regionalleiterin Gabriele Mursal, zuständig für die Filialen Düsseldorf und Köln, arbeitet mit halber Mannschaft. „Wir sind heute zu viert. Aber die anderen Kollegen sind auf Abruf“, erklärt sie. 2875 m² Ausstellungsfläche hat sie in den letzten Tagen für die Wiederöffnung vorbereitet. Sie hat es den Mitarbeitern freigestellt, ob sie Mundschutz tragen möchten. „Aber ich habe eine Sorgfaltspflicht und deshalb haben wir genug davon da“, meint sie. Für die Kunden gibt es Desinfektionsmittel an mehreren Stellen im Laden. „Am Eingang wollte ich sie nicht aufstellen, sonst finden die noch neue Besitzer“, sagt die Regionalleiterin. Mit dem ganz großen Ansturm hat sie nicht gerechnet. „Ich denke, die Leute sind noch unsicher“, sagt sie. Dennoch ist sie mit dem Zuspruch an diesem Tag zufrieden, obwohl sie sich etwas über die Sorglosigkeit mancher Kunden wundert: „Wir hatten heute schon mehrfach Leute hier, die sich auf die Theke gelehnt haben oder im Gespräch mit den Beratern den Mindestabstand nicht eingehalten haben.“ Denn es wäre „jammerschade“, wenn diese Lockerungen zu einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen führen würden, meint Gabriele Mursal. Die meisten Einzelhändler versuchen, ihre Kunden mit Absperrungen und Hinweisen durch ihre Geschäfte zu leiten, mal mehr, mal weniger deutlich. Die „Kö-Galerie“ hat an strategisch günstigen Punkten Hygiene-Spender aufgestellt, die ein kontaktfreies Desinfizieren der Hände ermöglichen. Nun liegt es an den Kunden, ob sie so diszipliniert wie am ersten Tag bleiben, auch mal zu Mund- und Nasenschutz greifen, Abstände verinnerlichen und die Geduld aufbringen, wenn es länger dauert.