Kirchen laufen Sturm gegen Einkaufen am Sonntag
Shopping am Reformationstag bringt das Fass zum Überlaufen. Kirchen planen für 2011 Aktionen.
Düsseldorf. Der Reformationstag ist der Geburtstag der Evangelischen Kirche. Wenn er am 31.Oktober morgens in der Johanneskirche gefeiert wird, weiß Superintendent Ulrich Lilie, was draußen los ist. "Da kreisen schon die Busse."
Mit der Sonntagsruhe sei es früh vorbei, auch wenn die Geschäfte erst um 13 Uhr öffneten. Die Szene ist für Lilie Symbol eines Konflikts, der dieses Jahr an 18 Einkaufssonntagen ausgetragen wird: Gott gegen Geld, Besinnung gegen Verausgabung, das christlich-jüdische Erbe gegen die Kommerzialisierung des Lebens. "Wir wollen wissen: Für was stehen wir in dieser Stadt?"
230 000 Katholiken und 110 000 Protestanten gibt’s in Düsseldorf. Lilie hat mit seinem katholischen Amtskollegen Steinhäuser einen Brandbrief an Bürgermeister und Fraktionen geschrieben.
Die Protestanten fühlen sich, da die Feierdekade zum 500-Jährigen der Reformation beginnt, in ihren "religiösen Gefühlen verletzt". Die Öffnung der Geschäfte am 31.Oktober hält man "für eine geistlose und die kulturelle Substanz unserer Stadt nicht vertretbare Entscheidung".
Die Kirchen sind im Februar informiert worden, der Ratsbeschluss fiel im Mai. Es gab auch ein Gespräch mit Ordnungsdezernentin Helga Stulgies. Das war so gut, dass Lilie jetzt "bass erstaunt war", dass die Läden öffnen. Nun fordern die Kirchen eine Generaldebatte.
Lilie, der persönlich die Hälfte der erlaubten Öffnungen für verträglich hält, vertritt eigenen Worten nach auch die Jüdische Gemeinde und die Muslime. "Sie alle sehen diesen Punkt kritisch." Hintergrund: Es sind vier verkaufsoffene Sonntage erlaubt, die Stadtteile können sich aber auch ausklinken und an einem anderen Tag öffnen.
Lilie geißelt Widersprüche: "Das Kreuz ist keine Marke, es fordert auch Konsequenzen. Man kann nicht für Kreuze in Gerichten sein und dann am Flughafen Family-Shopping am 1. und 2. Weihnachtstag veranstalten." Die Kirchen bereiten für den Frühling sonntags Aktionen vor den Gotteshäusern vor.
Oberbürgermeister Dirk Elbers weist die Kritik zurück, es sei korrekt informiert worden. Künftig könnten die Kirchen auch Stellungnahmen zu einzelnen Terminen abgeben. Man habe sich zudem nie an ihn gewandt.
Die Reaktionen der Politiker sind gemischt. "Es gibt bei uns getrennte Lager", sagt Wolfgang Janetzki (CDU). Insgesamt verhalte sich die Stadt richtig und finanziere durch ihren Erfolg viel Soziales, "aber der 31. Oktober war sicher ein Fehler". Markus Raub (SPD) sieht generellen Diskussionsbedarf.
"Ich habe bei der Vielzahl der offenen Sonntage ein ungutes Gefühl." Während Günter Karen-Jungen (Grüne) in der City Sonderöffnungen ablehnt, verteidigt Marie-A. Strack-Zimmermann (FDP) das Modell. Und: "Es muss einen freien Tag pro Woche geben, aber den kann man nicht mehr an der Religion festmachen."