Kö: Auf der Suche nach dem verlorenen Glamour

Trotz Baugruben — Freifrau von Kö zeigt das Düsseldorf der feinen Gesellschaft.

Düsseldorf. Während die Freifrau noch den letzten Tupfer Rouge aufträgt, wird im Foyer des Theatermuseums schon der Champagner kredenzt. Zwanzig Teilnehmer haben sich zur ersten „Glamourführung“ versammelt, jetzt wartet alles auf den Auftritt der Freifrau. Allein wie sie die Treppe im Museum herunterschreitet — das erinnert fast an Scarlett O’Hara aus „Vom Winde verweht.“

Am Samstag feierte Madames etwas anderer Stadtbummel Premiere: „Willkommen in der Landesbaugrube Düsseldorf“, begrüßt sie die Teilnehmer. „Ich bin dafür zuständig, den Prunk der Kö ins rechte Licht zu rücken.“

Denn der einstige Glanz der ehemaligen „Glamourhauptstadt“ drohe im Schlamm der Baugruben verschüttet zu werden. Vom Theatermuseum aus geht es über die Reste des Hofgartens zum auf Parklückengröße geschrumpften Corneliusplatz: „Hier sehen Sie die Realität in der Stadt. Baugruben, Kräne, Hofgartenstraße. Aber wir haben den Krieg überstanden, wir werden auch das überstehen“, sagt sie optimistisch. Unklar bleibt, welchen Krieg die 34-Jährige meint.

Zum Tausendfüßler hat sie natürlich auch eine Meinung: „Erst gab es Proteste, dass er gebaut wurde, jetzt protestieren sie, damit er nicht abgerissen wird.“ Freifrau würde das nie tun, sie lässt höchstens protestieren.

Vor dem Besuch der nach ihr benannten Straße warnt sie die Teilnehmer: Der Anblick mehrfach gerichteter Näschen“ sei für zarte Seelen nur schwer zu verkraften.

Sie genießt das Schaulaufen, im Modegeschäft Eickhoff wird sie sogar mit Handkuss begrüßt, obwohl sie doch nur „eine einfache Frau aus der Oberschicht“ ist. Mit unverschämten Zurufen geht sie souverän um: „Der Bauhelm ist aber von Tiffanys, oder?“ „Natürlich, Schätzchen.“ Madame ist zwar knallhart in der Rhetorik, nimmt es jedoch mit den geschichtlichen Daten nicht so genau geht. Dafür sprudelt ihr Witz wie Brause im Champagnerkelch. Ein Society-Girl will sie nicht sein und zur Stilikone mangelt es unter fingerdickem Make-up einfach an Understatement. Stattdessen hat sie etwas, das man nicht kaufen kann: unverbrauchte Originalität. Und deshalb gibt es auch ungewöhnlich viel Applaus für diese Stadtführung.