Erstaufführung beim Düsseldorf-Festival Ein musikalisches Kult-Stück in der Düsseldorfer Messe

Düsseldorf · Eine Komposition für 50 Klaviere kommt beim Düsseldorf-Festival zur Aufführung.

Es beginnt wunderbar harmonisch: Das Ensemble Klangforum Wien spielt einen C-Dur-Dreiklang mit berückenden Harfen-Arpeggien, es folgt eine ganz banale Kadenz. Pure Harmonie. Das soll Neue Musik sein?

Und wie! Denn bald ist es vorbei mit dem Vertrauten bei „11 000 Saiten“ von Georg Friedrich Haas. Nun scheint ein gewaltiges Gewitter aufzuziehen, ein pulsierendes Dröhnen baut sich auf – mit der ganzen Wucht von 50 Klavieren, die gleichzeitig in der tiefen Lage spielen. 50 Pianistinnen und Pianisten arbeiten fieberhaft, sie spielen 50 individuelle Stimmen, allein der Anblick der im Kreis aufgebauten Klaviere ist umwerfend.

Das Düsseldorf-Festival landet in dieser Saison einen dreifachen Coup, denn es holt erstmals das Weltklasse-Ensemble Klangforum Wien nach Düsseldorf und konnte sich die deutsche Erstaufführung von „11 000 Saiten“ sichern. Klangforum Wien genießt Star-Status, und auch um Georg Friedrich Haas reißt man sich in der Szene – und „11 000 Saiten“ gilt schon jetzt als Kult-Stück der Neuen Musik. Weil es zugleich Konzertstück und Installation ist, eine gewaltige Klangskulptur.

Die Initialzündung für das Projekt verdankt sich dem künstlerischen Leiter von Klangforum Wien, Peter Paul Kainrath, der auf einer Reise nach China eine Klavierfabrik in der Stadt Hailun besuchte. Dabei passierte er einen Raum, in dem 100 Klaviere gleichzeitig von Maschinen eingespielt wurden. Diese Kakophonie zeigte Wirkung: „Es hat mich umgeweht“, sagt Kainrath. Spontan rief er Georg Friedrich Haas an, der seine Idee, ein Werk für 50 Klaviere zu komponieren, derart verrückt und attraktiv fand, dass er sofort zusagte.

Der österreichische Komponist machte sich ans Werk: Jedes der 50 Instrumente ist genau im Hundertsteltonabstand anders gestimmt, auf eine kaum hörbare Abweichung. Klavier eins und Klavier 50 sind am Ende fast genau einen Halbton voneinander entfernt. Die mikrotonalen Stimmungen produzieren mit den Klangforum-Instrumenten irisierende Schwebungen, Klänge größter Reinheit und wummernder Wucht.

Haas ist ein Sonderfall, seine mikrotonalen Experimente sind höhere Mathematik und hoch emotionale Musik, die ein breites Publikum unmittelbar anspricht. Der Tonsetzer besitzt einen ausgeprägten Sinn für Selbstironie: „Leider hab‘ ich vergessen, wer das gesagt hat: Haas’ Musik klingt so, als hätte Anton Bruckner zu viel Ligeti gehört.“

Info Sonntag, 15. September, 16 und 19 Uhr, Messe Düsseldorf. Karten auf: