Düsseldorf-Kultur „Alles im Wunderland“ mit den Quargs
Die Zwillinge Lisa und Laura Quarg spielen in einer Neufassung von „Alice im Wunderland“.
Düsseldorf. Laura und Lisa, geboren 1981 in Essen, sind mit Pina Bausch groß geworden. Die beiden Frauen haben als Kinder schon in Wuppertal die Magie des Tanztheaters à la Pina inhaliert. „Hier sind Menschen wichtiger als die reine Tanztechnik“ - das hätten die Zwillinge der Familie Quarg damals schon bewundert. Denn ihre Mutter, Alicia Goldfarb-Quarg, gehörte vor über 40 Jahren zur Solisten-Truppe der späteren Tanz-Ikone aus Wuppertal.
„Unsere Mutter tanzte dort bereits in den 1970er Jahren. Damals, als viele Zuschauer vor Wut noch Tomaten auf die Bühne warfen.“ Die Zeit habe sie geprägt, sagen Laura und Lisa — heute selber Mütter. So stand für sie schon früh fest, dass sie auf der renommierten Essener Folkwang-Hochschule Tanz und Schauspiel studieren würden — dort, wo sich ihre Mutter und ihr Vater (ein Architekt) kennenlernten.
Mit Mitte 30 tanzen Laura und Lisa weniger, spielen mehr Theater oder führen Regie, erzählen sie. Seit einigen Wochen arbeiten sie an einer Neufassung von „Alice im Wunderland“, die am 17. Januar im Jungen Schauspielhaus Premiere feiern wird. Die surrealen, nicht nur heiteren Abenteuer des Mädchens vom Lande in einer unterirdischen Welt voller seltsamer Wesen ist ihre erste Arbeit für Düsseldorf, sagen sie am Telefon.
Denn parallel zur Inszenierung am Rhein arbeiten sie in ihrer Wahlheimat Berlin noch an einem Kafka-Abend — mit dem renommierten Theatermacher Andreas Kriegenburg. Auch er engagierte sie vermutlich, um vom Zwillings-Dasein auf der Bühne zu profitieren. „Das interessiert heute viele Regisseure“, so Lisa. Denn sie sind eineiige Zwillinge. Selbst die Frisuren sind die gleichen, nur die Klamotten unterschiedlich. Aber: „Auch unsere Interessen sind identisch, deshalb arbeiten wir zusammen“, sagen sie entschieden.
Die Zweitgeborene Laura sei zurückhaltend; Lisa indes war zuerst da. „Sie ist aufbrausender, frecher“ urteilt Schwester Laura. Lisa schmunzelt: „Wir sind immer einer Meinung, künstlerisch und politisch. Basta.“ Gottlob bei den Männern nicht, sonst hätt’s Ärger gegeben. Denn beide sind mittlerweile Mütter: Laura, verheiratet mit Autor und Regisseur Tobias Goldfarb, hat eine Tochter, Lisa einen anderthalb jährigen Sohn mit ihrem Ehemann Malte Griesser. Einem Sozialarbeiter, der literarisch sehr interessiert ist. „Er ist unser schärfster Kritiker“, so Lisa.
Es kommt noch besser: Die vier wohnen mit ihren Kindern unter einem Dach, am Prenzlauer Berg, Tür an Tür, wenn auch in getrennten Wohnungen. Das sei praktisch, sagt Tobias Goldfarb, der eine neue Bühnenfassung des britischen Kinderromans von Lewis Carroll schrieb und sie im Trio, mit Laura und Lisa, nun auf die Bretter der Münsterstraße hieven wird. In seiner Version geht es für Goldfarb (Laura und er übernahmen bei der Hochzeit den Mädchennamen der Mutter!) auch „um die Sprache, den Witz und die Wortspiele, die nur selten zünden, wenn sie aus dem Englischen ins Deutsche übertragen werden.“
Der Autor Carroll habe Bezeichnungen wie Mad Hatter (Verrückter Hutmacher), „march hare“ (März-Hase) oder „Cheshire cat“ (Edamer Katze) aus Wortspielen hergeleitet. Letztere sind für Goldfarb das Salz in der Suppe, wie auch der Titel „Alles im Wunderland“ (weil ‚Alice’ ähnlich klingt wie alles). Insgesamt soll es, das betonen auch die Quarg-Sisters, wenig zuckrig, aber dafür ganz schön bunt und poppig werden. Bühne, Figuren und Kostüme machen Anleihen bei Andy Warhol. Ihr Ausstatter José Luna habe das Motto ausgegeben: „Mehr ist mehr!“ Die Figuren seien zeitlos, klassisch, aber nicht heutiger Mode nachlaufend. Laura und Lisa formulieren noch ein weiteres ehrgeiziges Ziel: „Unsere Inszenierung muss auch Erwachsenen gefallen. Und Kinder ab sechs Jahren sollen sie verstehen.“
Im März werden die Quarg-Zwillinge selbst im Central auftreten, mit ihrem Duo-Abend „Das tapfere Schneiderlein“.