Kultbuch als Theateraufführung Ein verdichtetes Stück mit viel Text und Spiel
Düsseldorf · Ein gut aufgelegtes Ensemble präsentierte beim Asphalt-Festival die Bühnenfassung von „Unendlicher Spaß“ als Nummernrevue.
Kann man ein so komplexes Werk wie David Foster Wallace’ Roman „Unendlicher Spaß“ für das Theater adaptieren? Thorsten Lensing ist nicht der erste Regisseur, der es versucht. Über 1500 Seiten auf vier Stunden Bühnenfassung zu komprimieren, bedeutet, den Spagat zwischen der Nähe zur literarischen Vorlage und künstlerischer Freiheit zu wagen.
Jetzt konnte sich das Publikum im Central davon überzeugen, dass es wohl nie ganz gelingen wird, der Buchvorlage gerecht zu werden. Dort wurde das Stück „Unendlicher Spaß“ im Rahmen des Asphalt-Festivals aufgeführt.
Lensing verzichtete komplett auf ein Bühnenbild und damit auf jedes Vehikel, das Hinweise zur Handlung hätte geben können, Die Requisiten beschränkten sich auf Kleinigkeiten, ein paar Stühle, ein Pult und einen Whirlpool. Alles verdichtete sich auf Text und Spiel eines sehr gut aufgelegten Ensembles.
Und genau da lag die Krux der Inszenierung. Zugegeben, es ist keine schlechte Idee, für die Besetzung bekannte Gesichter wie die Lieblingsschauspieler Ursina Lardi, Devid Striesow und Sebastian Blomberg zu wählen. Sie tobten sich auf der Bühne aus, und es war unterhaltsam, ihnen dabei zuzusehen. Dennoch blieb vom Stück selbst nicht viel im Gedächtnis. Was wohl daran liegen mag, dass es Thorsten Lensing wie eine Nummernrevue inszenierte.
Wer mit der Romanvorlage von David Foster Wallace nicht so vertraut war, hatte Mühe, durch die Aneinanderreihung von Szenen in die Handlung zu finden.
Zum Buch und seinem Autor muss der Fairness halber gesagt werden, dass es kein leichter Stoff ist, den man einfach so wegschmökern würde. Foster Wallace kämpfte über Jahre mit schweren Depressionen, die ihn schließlich im Jahr 2008 in den Suizid trieben. „Unendlicher Spaß“ war sein zweiter Roman, an dem er fünf Jahre gearbeitet hatte. Darin behandelte er Themen wie Drogenabhängigkeit, Depressionen, Kindesmissbrauch und eine geistig verwahrloste Unterhaltungsindustrie. Erst ein Jahr nach Wallace’ Tod wurde sein Roman in deutscher Übersetzung veröffentlicht.
Politische Schärfe von Wallace wurde völlig ausgeklammert
Den wortgewaltigen Inhalt in wenigen Sätzen zusammenzufassen, erscheint ebenso unmöglich wie Lensings Versuch, die Essenz von „Unendlicher Spaß“ auf die Bühne zu bringen. Wallaces politische Schärfe klammerte der Regisseur völlig aus, konzentrierte sich vielmehr auf eine Entzugsklinik und eine Tennisakademie als Schauplätze. Letztere wählte er für den Einstieg ins Stück, so wie der Literat sie im ersten Romankapitel beschrieb.
Der 18-jährige Hal (gespielt von Ursina Lardi), hochbegabt und Leistungssportler, stellte sich der Prüfungskommission. Die monologisierte einen Fremdwortkauderwelsch und hängte die Frage an, ob das Bewerbungsschreiben wirklich von Hal selbst stammt. Lardi stakste dafür im enganliegenden weißen Jumpsuit und Plateau-Sneakers über die Bühne, blieb zunächst sprachlos, um schließlich mit einem langen Schrei zu antworten.
Eine Textorgie, manchmal
witzig, meist langatmig
Es gab allerdings noch einen Gegenentwurf zur Kaderschmiede, jene Entzugsklinik mit Therapiegesprächen im Stuhlkreis. Hier sollten die Patienten ihre Seelenqualen beschreiben, was Anna Müller, die kurzfristig für die erkrankte Jasna Fritzi Bauer einsprang, bis an die Schmerzgrenze ausreizte, als sie eine Totgeburt beschrieb. Blomberg und Striesow liefen währenddessen zur Höchstform mit einem Hang zum Klamauk auf. „Unendlicher Spaß“ geriet zur Textorgie, manchmal witzig, meist aber langatmig. So waren es eher die leisen und kleinen Szenen von Lardi und André Jung, der Hals behinderten Bruder spielte, die berührten.