Bühne: Wie ein Kabarettist auf der Bühne verschwindet

Düsseldorf. Josef Hader, im Kabarett eine eigene Liga, spielte im Savoy sein Ein-Mann-Stück „Hader muss weg“.

Düsseldorf. Kabarett, was ist das schon? Meist nicht mehr, als der profilneurotische Egotrip eines gallenkranken Besserwissers, eines Misanthropen, für den Zynismus als Statussymbol dient wie anderen ein, sagen wir mal, Skoda.

Josef Hader, der seit seinen selbstreflexiven Monologen "Im Keller" und "Privat" als das unumstrittene Nonplusultra des deutschsprachigen Kabaretts gilt, ist da, man höre und staune, keine Ausnahme. Zumindest will er das die Zuschauer in seiner aktuellen Bühnenshow glauben machen.

Mit seinem Techniker sitzt der 46-Jährige in der Garderobe des Savoy Theaters und bricht in einer zehnminütigen Hasspredigt das gesamte Themenreservoir herunter, mit dem die mittelklassige Kollegenschaft ganze Abende füllt.

Langsam merkt der Zuschauer, der das Geschehen via Leinwand verfolgt, dass er schon mitten drin ist im Stück, dass die vermeintlich unfreiwillige Selbstdemontage hinter der Bühne nur die Ouvertüre zur komischen Seifenoper sein soll, die nun auf der Bühne folgt.

Weil er keine Batterien für sein Headset hat, muss Hader noch mal eben zur Tanke. Es könne sich nur noch um ein paar Minuten handeln, vertröstet er das Publikum.

Von jetzt an spielt er sieben Rollen, zunächst vor allem sich selbst, der vor der Tür seinem liebsten Feindbild, einem möchtegernintellektuellen Mittelstandsweichei begegnet, das ihn in seinem Skoda mit zur Tankstelle nimmt. Genervt reagiert Hader auf den Hanswurst, der sich ungelenk bei ihm einschleimen will. Wortgewaltig macht er ihn nieder.

Doch der Außenbetrachtung des scharfzüngigen Kabarettisten bedarf es gar nicht. Der Waschlappen demontiert sich selbst. Genauso wie der rechtsradikale Tankstellenpächter, der Hader bärbeißig die Dienstleistung verweigert. Was ist die Konsequenz? Ganz einfach: Hader muss weg! Endgültig.

Erschossen wird er, überfahren, dient fortan als Futterstelle einer Ameisenstraße. Während um ihn herum die verbleibenden Personen, zu denen sich noch die frustrierte Lebensgefährtin des Mittelständlers und eine Barpiano klimpernde Falco-Karikatur gesellen, nach einem Sinn in ihrem Dasein suchen.

Finden werden sie ihn nicht. Aber die Symptome legen sie beiläufig offen, beispielsweise wenn die Hippe dem Musikus während eines unwürdigen Balzakts zuflüstert: "Weißt Du, was toll ist? Dass wir so ehrlich zueinander sind!"

Und der Becircte antwortet: "Klar, weil Du mir wurscht bist!" Das gesamte menschliche Elend in einem kurzen Dialog zusammengefasst, das ist der geniale Irrwitz des Österreichers Hader. Kabarett ist das schon lang nicht mehr, sondern großes Theater.