Der Frühling kommt musikalisch

Konzert: Christoph von Dohnányi und das Philharmonia Orchestra.

Düsseldorf. Er ist ein Herr mit vornehmer Ausstrahlung und etwas platt auf der Stirne liegendem Silberhaar: der Dirigent Christoph von Dohnányi. Er zählt zu den namhaftesten Kapellmeistern der Welt und leitete schon viele der ganz großen europäischen und US-amerikanischen Klangkörper. Nun gastierte Dohnányi mit dem Philharmonia Orchestra London, dessen Chefdirigent er seit 1997 ist, in der Tonhalle.

Auf dem Programm stehen keine großen spätromantischen Reißer, sondern lediglich Schumanns "Frühlingssymphonie" (passend zur aktuellen Jahreszeit) sowie Ludwig van Beethovens Fünfte Symphonie und Egmont-Ouvertüre - eine hübsche, wenn auch nicht gerade aufregende Werk-Zusammenstellung. Etwas ungewöhnlicher nimmt sich da schon die unchronologische Programmfolge aus mit dem Romantiker vor und dem Klassiker nach der Pause.

Meistens erklingen die früher entstandenen Werke zuerst, damit sich die für den musikgeschichtlichen Verlauf charakteristische Steigerung an Expressivität auch im Konzertgeschehen widerspiegelt. Dohnányi macht es aber genau umgekehrt, wahrscheinlich weil Beethovens Fünfte gegenüber Schumanns Erster das wenn auch nicht fortschrittlichere, aber doch effektvollere Stück ist.

Mit dem Philharmonia Orchestra gebietet Dohnányi über einen der prachtvollsten Klangkörper der Welt. Die Londoner spielen so perfekt wie ein US-amerikanisches Orchester, finden aber zu mehr musikalischer Tiefe und Sinnlichkeit. Der sich daraus ergebende reichhaltige Sound wirkt schon in den ersten Takten der Egmont-Ouvertüre wie eine Offenbarung und hebt sich ab von den schmaleren Klangbildern der meisten anderen Orchester. Mit solchen Musikern ließe sich mit Leichtigkeit ein symphonisches Feuerwerk zünden. Doch Dohnányi gibt sich bescheiden und zurückhaltend. Er legt wenig Wert auf äußeren Glanz und arbeitet lieber an Nebenstimmen.

Der auswendig dirigierende Dohnányi versteht es, die Partituren von Schumann und Beethoven weit auszuleuchten. Ihm entgeht nicht ein Detail, was zu einem ungemein gründlichen, akkuraten Dirigat führt. Diese Gewissenhaftigkeit entfaltet aber auch Nachteile: Denn bei der ausgeklügelten Darbietung gehen zuweilen Spontanität und Schwung verloren. Langsame Passagen verlieren dadurch trotz ihrer genauen Ausarbeitung oft an Spannkraft, den schnellen Sätzen fehlt manchmal der Ausdruck von Freude an der Virtuosität. Gleichwohl entfaltet ein Selbstläufer wie Beethovens Fünfte immer einen gewissen Furor, und so wurde es doch noch eine mitreißende Aufführung. Für den Beifall bedankte man sich mit Brahms’ Ersten Ungarischem Tanz als Zugabe.