Premiere: Antigone im Doppelpack

Im FFT treffen zwei unterschiedliche Inszenierungen des antiken Stoffs, eine deutsche und eine holländische, aufeinander.

Düsseldorf. Antigone kämpft. Sie will ihren im Krieg gefallenen Bruder in jedem Fall in Theben bestatten, auch wenn dieser als Kriegsfeind angesehen wird. König Kreon hält dagegen, verbietet ihr das Begräbnis. Persönliche Freiheit und Gesetz stehen im Widerspruch. Sophokles’ "Antigone" ist ein Stoff, der Grundkonflikte menschlichen Handelns thematisiert und deshalb zu jeder Zeit aktuell ist.

Zwei neue Lesarten des antiken Dramas treffen am Samstag aufeinander: "Antigone vs. Antigone". Das FFT verbindet zwei Fassungen, eine deutsche und eine holländische. Erst zeigt Dariusch Yazdkhasti seine Inszenierung, die auf Hölderlins Übersetzung und Walsers Bearbeitung von Sophokles’ Tragödie basiert. Anschließend präsentiert Jibbe Willems aus Maastricht seine "Antigone", für die der Regisseur und Autor eine eigene (Prosa-)Fassung geschrieben hat.

Beide Regisseure wählen interessante Ansatzpunkte, um den alten Konflikt neu zu erzählen. Bei Yazdkhasti, einem Deutschen mit iranischen Wurzeln, erinnert die Titelfigur mit ihrem bedingungslosen Idealismus an Radikale und Märtyrer unserer Zeit, denen die Götterwelt wichtiger ist als reale Menschen. Theben erinnert hier an eine Heavy-Metal-Bühne nach einem Konzert: Der Krieg ist vorbei. Im Zentrum steht deshalb auch eine Band, die die Funktion des antiken Chors übernimmt. Diese "Antigone"-Fassung wurde am FFT in Düsseldorf entwickelt und geprobt.

Die Fassung des Holländers gastiert nur am Wochenende im FFT. Regisseur und Autor Willems verlagert den Konflikt mehr in die Figuren, zeigt sie als Menschen, die emotional reagieren. "Antigone ist bei mit keine Ikone", erklärt Jibbe Willems, der in Maastricht am Het Huis van Bourgondie arbeitet. Er spitzt den Konflikt zu auf drei Figuren; Antigone, Kreon und Haemon. Der Glauben spielt hier keine Rolle, nur die individuellen Positionen der Figuren: Antigone als Familientragödie, die auf einer Art Baustelle angesiedelt wird.

Für FFT-Chefin Kathrin Tiedemann bedeutet das Projekt eine konsequente Weiterentwicklung ihrer seit fünf Jahren andauernden Kooperation mit den Niederlanden. Die Zukunft Europas und seiner Demokratie stand für sie als Thema zu Beginn des ambitionierten Projekts. Nun hofft sie, dass die Zuschauer den Doppelpack auch annehmen - und in Kauf nehmen, zwischen den Stücken den Aufführungsort zu wechseln: Vom Juta geht es in der Pause nämlich in die Kammerspiele.