Kabarett: Holzbecher lädt zum fröhlichen Krisengipfel
Das Solostück "Risiko Leben" feiert Düsseldorfer Erstaufführung im Kom(m)ödchen.
Düsseldorf. Nachdem Hans Holzbecher bei den beiden äußerst erfolgreichen Stücken "Couch" und "Sushi" als Regisseur hinter der Bühne die Strippen gezogen hat, probiert er es jetzt als Solokabarettist. In "Risiko Leben" schickt er die Zuschauer gleich vom ersten Moment an mit durchgedrücktem Gaspedal auf einen Tour de force Ritt durch das Leben eines von allerlei Krisen gezeichneten Mittvierzigers.
Was übrig bleibt, wenn erstmal alle Sicherheiten verloren sind, das bringt Holzbecher bei der ausverkauften Premiere pointenreich auf die Bühne. Alle Berechenbarkeit zu verlieren, das ist das Schlimmste für Holzbechers Alter Ego, das "gut im Rechnen und schlecht im Fühlen" ist und mit neun Jahren bereits seine erste Therapie hinter sich hatte. Seine Traumfrau Heidrun arbeitet in der Abteilung für Schadensbegrenzung bei einer Versicherung. "Um was geht es sonst in einer Beziehung, als um Schadensbegrenzung", lässt er seinen gebeutelten Protagonisten fragen.
Aber dass ihn Heidrun ausgerechnet wegen eines Nordic-Walking -Lehrers verlässt, damit hat er nicht gerechnet. Und da eine Katastrophe selten allein kommt und es sowieso immer schlimmer geht, verlangt sein Chef auch noch von ihm, seinen Posten selbst wegzurationalisieren.
Die Welt, die Holzbecher (über-)zeichnet, ist aus den Fugen geraten. Die Angst hat die Deutschen voll im Griff, aber auf was soll man sich auch noch verlassen, wenn selbst Traditionsunternehmen wie Rosenthal, Schiesser und die SPD Pleite gegangen sind? Wenn die Köbesse weinen, weil niemand mehr ihr Altbier trinken will und nachts die Wölfe in der verwaisten Altstadt heulen. Zu einem höchstvergnüglichen Bruch kommt es, wenn Holzbecher zur Musik von Michael Jackson moonwalkend das Klagelied der Altstadtwirte anstimmt.
Das Publikum dankt ihm besonders auch die böswitzigen Schlagerparodien, mit denen er das Seelenleben einer spätestens seit BSE und acrylamidhaltigen Pommes Frites zutiefst verunsicherten Nation an die Oberfläche bringt.
Das Anfangs eingeschlagene Tempo kann Holzbecher zwar nicht über die ganze Länge halten, es bleiben aber zwei Stunden freudvoll verbrachten Fatalismus. Die Abrechnung mit dem Sicherheitsdenken kommt beim Publikum gut an. Gegen Ende des Stückes tritt, als Überraschungsgast, dann auch noch Gott auf die Bühne - man kann sich eben auf nichts mehr verlassen.