Lesung: Safranskis Affäre mit der Romantik
Der Schriftsteller stellte im Heine-Haus sein neues Buch vor.
Düsseldorf. Lange im Voraus war die Veranstaltung der Literaturhandlung Müller & Böhm ausverkauft, drei- oder viermal mehr Karten, so der Veranstalter, hätten sich absetzen lassen. Doch auch so saßen die Hörer dichtgedrängt beisammen, um der Lesung von Rüdiger Safranski, dem erfolgreichen Sachbuchautor und Mitgestalter des "Philosophischen Quartetts", aus dessen mit Spannung erwarteten Buch "Romantik. Eine deutsche Affäre" beizuwohnen. Jochen Hörisch, Literatur- und Medienwissenschaftler, der früher eng mit Düsseldorf verbunden war, moderierte die Veranstaltung.
Safranski setzte in seiner Lesung die Schwerpunkte auf Novalis und Eichendorff, auf Heine und schließlich auf die 68er-Zeit. Novalis und Eichendorff, so Safranski, faszinieren noch immer durch ihre Aufbruchsstimmung und Lebendigkeit. Bei beiden Autoren spreche die Romantik "aus ihrer Herzkammer". Heine dagegen kenne das "Doppelbild der Romantik"; ihn erregte die Romantik der Nachtigallen, er war aber kritisch gegenüber rückwärtsgewandten Tendenzen.
Die Motive der Frühromantik bleiben inspirierend, dem Aufbruch verpflichtet. Man wird mit Novalis sagen können: "Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es." Echt und tief nennt Safranski die romantischen Impulse der Selbstbestimmung, des Aufbruchs und des Experiments, abgebremst nur von den Spätromantikern, die restaurative Zeichen setzten.
Das Verhängnis trat womöglich schon bei Nietzsche und Wagner auf. Die Romantik setzte sich als pervertierte Geschichte im Nationalsozialismus fort. Goebbels sprach von "stählerner Romantik" und wertete die harten Züge der Romantik auf. Nazitum und missbrauchte Romantik, da waren sich so unterschiedliche Kritiker wie Paul Tillich, Georg Lukács und Thomas Mann einig, arbeiteten Hand in Hand an der Entthronung der Vernunft und an der Annullierung des Humanismus.