Ruderclub Germania Mit dem Ruderboot von Linz nach Istanbul

Paul Grant vom Ruderclub Germania fährt seit knapp drei Monaten auf der Donau. Insgesamt legt er fast 3000 Kilometer zurück.

Foto: Paul Grant

Düsseldorf-Hamm. Jeden Morgen beginnt der Kampf aufs Neue. Seit fast drei Monaten ist das so. Paul Grant wacht auf, versucht den Muskelkater aus dem Körper zu schütteln, packt seine Sachen zusammen und blickt auf sein Ruderboot. Soll er wirklich wieder einsteigen und gleich weiterfahren? Oder gönnt er sich nun doch mal eine längere Pause als die obligatorische eine Nacht? „Es kostet jeden Morgen Überwindung“, sagt der 53-Jährige vom Ruderclub Germania aus Hamm, als wir ihn am Telefon erreichen. Doch bis jetzt konnte er sich immer aufraffen. Pünktlich um 10 Uhr steigt Grant in sein Boot und macht sich auf die nächste 30 bis 50 Kilometer lange Etappe seiner außergewöhnlichen Tour.

Die begann am 27. Juni im österreichischen Linz und führte ihn bislang über die Donau durch Österreich, Ungarn, Kroatien und Serbien bis ins Donaudelta nach Rumänien. Mehr als 2100 Kilometer hat der Extrem-Ruderer bereits hinter sich gebracht. Seit einigen Tagen ist er auf der letzten Etappe angekommen: 700 Kilometer auf dem Schwarzen Meer bis Istanbul.

Die Idee schlummerte bereits länger in Paul Grant, seitdem er vor Jahren von Ulm nach Linz gerudert war und am Ziel das Kilometerschild „2133“ sah. Da habe er sich gedacht: „Was kommt da alles noch auf der Strecke bis zur Mündung?“ Doch es fehlte die Zeit, um die Tour vernünftig zu planen und zu verwirklichen.

Vor drei Jahren wurde der Gedanke dann konkreter. Grant recherchierte über die Begebenheiten sowie die Versorgungsmöglichkeiten entlang der Donau, wo es ja nicht überall Städte oder zumindest kleine Dörfer gibt. Schnell wurde ihm klar, dass er für die Tour mehrere Monate einplanen muss. Wie soll das gehen mit einem normalen Job? „Zum Glück bin ich dann arbeitslos geworden“, sagte Grant nun lachend. Das sei grundsätzlich natürlich kein wünschenswerter Zustand, schiebt er schnell hinterher. Aber ihm kam es gelegen. Er hatte ohnehin etwas angespart und legte die Jobsuche für einige Monate auf Eis, um sich Zeit für seinen Traum vom Ruder-Marathon zu nehmen.

Im April nahm er mit das Training auf, was nicht so üppig ausfallen musste, da er es ohnehin gewohnt ist, mehr als 1000 Kilometer im Jahr zu rudern. Die lange Fahrt selbst begann Ende Juni. Pünktlich zum Start der traditionsreichen Tour International Danubien (TID), die von Ingolstadt bis zur Donaumündung führt und die jedes Jahr hunderte Ruderer aus aller Herren Länder zusammenbringt. Manche machen sie komplett mit, andere sind nur auf Teilabschnitten dabei. Seit den 50er Jahren gibt es die TID, deren Idee es ist, die wassersportbegeisterten Menschen der Donauländer zusammenzubringen und „für Freundschaft und Frieden zu werben“, wie es heißt.

Für Grant war das ein Sechser im Lotto. „Die ganze Strecke alleine zu fahren, ist nicht ganz ungefährlich. Man reist durch einige sehr arme Regionen“, sagt der 53-Jährige. Aber durch die TID seien an vielen Etappenorten bewachte Lager aufgeschlagen gewesen. Und wenn er auf Einheimische traf, seien die immer gastfreundlich gewesen. Zudem habe er in den vergangenen Wochen auf dem Wasser viele Gleichgesinnte kennengelernt und Freundschaften geschlossen. „Da sind Leute aus allen Ländern dabei, die älteste Teilnehmerin war 85 Jahre alt. Das inspiriert.“

Große Teile rudert Paul Grant aber allein und genießt die Landschaft sowie die Ruhe. Zwar sei es manchmal hart, bei plus 35 oder kühlen fünf Grad mit Gegenwind zu rudern, aber zum Glück gab es bislang weder körperliche Probleme noch welche mit seinem Boot, das er sich extra für die Tour zulegte. 5500 Euro hat er dafür bezahlt. Es trägt nicht nur ihn, sondern auch 40 Kilogramm Gepäck.

Einige Tage hat er nun noch vor sich. Dann will er in Istanbul Urlaub machen. Zurück geht es per Flugzeug. Knapp 3000 Kilometer im Ruderboot sind ihm erst mal genug.