„Mode überlasse ich jetzt anderen“

Mit Albert Eickhoff verlässt Ende Mai einer der erfolgreichsten Düsseldorfer Modehändler die Königsallee.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Ende Mai geht eine Legende der Kö zu Ende: Eickhoff, weltweit einer der erfolgreichsten Mode-Einzelhändler und einer der letzten großen Multi-Label-Läden schließt. Der Patriarch des Familienunternehmens Albert Eickhoff zieht im WZ-Interview Bilanz — ganz ohne Reue.

Herr Eickhoff, Ausverkauf bei Eickhoff. Macht Sie das nicht wehmütig?

Albert Eickhoff: Mit dem Spezialverkauf für unsere Kunden haben wir ja schon vorher begonnen. Der eigentliche Ausverkauf beginnt heute am Samstag. So müsste es rechnerisch aufgehen. Bisher läuft es schon sensationell.

Die FAZ nannte Sie einmal den König der Allee. Fällt da das Abdanken nicht ein bisschen schwer, wenn die Gazetten vom „Königsmord“ durch die Übermacht der großen Marken schreiben?

Eickhoff: Ich rege mich über nichts mehr auf. Ich bekenne mich zu dem Schritt, im richtigen Augenblick die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Wir waren immer die Ersten und die Wichtigsten. Doch dem Druck der Großen wären wir auf Dauer nicht gewachsen gewesen. Das wollte ich nicht verkraften müssen. Marken, die wir groß gemacht haben, eröffnen reihenweise eigene Stores. Man sieht das ja auch in München, Frankfurt oder Hamburg.

Welche Marken zum Beispiel?

Eickhoff: Wir gehörten zu den ersten drei Gucci-Kunden in Deutschland. Dann teilten sie uns mit, sie gingen jetzt mit Taschen und Schuhen zu Breuninger. Ich sagte zu meiner Tochter: Susanne, so wird es weiterlaufen. Oder Iris von Arnim, deren Kaschmir-Mode ich einst auf der Igedo entdeckt habe. Bei ihr habe ich damals für 7000 Mark Pullover bestellt. Aber es kam nichts. Als ich nachfragte, sagte Iris kleinlaut: Ich hab’ kein Geld für Garn. Da habe ich ihr sofort das Geld überwiesen. Nun teilte sie mir mit, sie habe mit ihrem Sohn gesprochen, und jetzt ginge sie zu Breuninger. Ich habe geantwortet: Iris, dann wirst du mich verlieren. Da wirst du nicht glücklich. Neulich war sie samstags hier im Geschäft und gestand: Albert, alles, was du vorhergesagt hast, ist zu 100 Prozent eingetroffen. Ich hoffe, ich bin nicht schuld, dass du Schluss macht. Ich habe ihr geantwortet, dass sie nicht die Einzige war, die zu Breuninger ging, sondern die Fünfte.

Also sind nicht nur die Mono-Label-Stores schuld, sondern auch das schwäbische Luxuskaufhaus? Iris von Arnim war nicht die Einzige, die zu Breuninger übergelaufen ist. Die haben ja auch geschultes Personal bei Ihnen abgeworben. Wann haben Sie zum ersten Mal ans Aufhören gedacht?

Eickhoff: Nein, es war nicht Breuninger. Wir hatten 2013 mit 27,6 Millionen Euro unser bestes Jahr überhaupt, obwohl wir ein Zwei-Millionen-Breuninger-Minus einkalkuliert hatten. Für mich ein guter Zeitpunkt, die Reißleine zu ziehen. Als ich mir im letzten Jahr im Mai den Arm gebrochen hatte, fing ich an, darüber zu sinnieren.

Tragen ihre Kinder die Entscheidung mit?

Eickhoff: Meine Tochter Susanne hat die Lage schnell erkannt. Mein Schwiegersohn hat etwas länger gebraucht. Aber er ist jetzt auch so weit.

Und was kommt danach?

Eickhoff: Ich stehe zu meiner Entscheidung. Ich brauche auch keine Übergangsphase. Ich bin nicht krank und kann es mir erlauben, mit 78 Jahren mein Leben mit meiner Familie zu genießen.

In welcher Form?

Eickhoff: Kunst, Kultur, Reisen . . .

Verraten Sie uns ihre drei Lieblingsplätze auf der Welt?

Eickhoff: Ganz ehrlich: Meerbusch, unser Heim. Dann Capri und über Weihnachten die Malediven.

Tragen Sie weiter ihre Lieblingsdesigner?

Eickhoff: Ich habe immer denselben: Kiton. Ein zeitloser Klassiker. Ich muss keine Mode mehr tragen. Mode überlasse ich jetzt anderen. Das gilt übrigens auch für meine Frau. Auch sie liebt die klassische Eleganz. Wenn ich was Blau-Weißes eingekauft hatte, dann freute sie sich.

Gab es auch schon mal einen Fehlkauf?

Eickhoff: Oh, ja. Bei Mooshammer. Ein olivfarbenes Samt-Sakko mit Stehkragen. Sohn und Mutter Mooshammer bestanden damals darauf, dass ich es gleich bezahle. Ich war schockiert, aber ich wollte das Sakko haben.

Heute läuft der Modekauf ja vielfach übers Internet. Tendenz steigend. Wird VeryEickhoff als Online-Shop überleben?

Eickhoff: Daran arbeitet meine Tochter zurzeit. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Haben Sie mal daran gedacht, eine Stiftung zu gründen?

Eickhoff: Nein. Ich habe eine wunderbare Tochter. Der habe ich am 1. Januar meine Anteile am Kö-Center vermacht. Sie ist jetzt Vermieterin an Dior. Mein Büro hier im 9. Stock werde ich aber behalten. Auch das Vorzimmer.

Und? Werden Sie ein Buch schreiben?

Eickhoff: Das kann sein. Eine angesehene Journalistin ist da mit mir sehr aktiv dran.

Ihre Lieblingsplätze in Düsseldorf?

Eickhoff: Das sind heute eher gute Restaurants wie das Schiffchen in Kaiserswerth oder das Bouillabaisse in der Altstadt. Ich war ja mal ein Fan der Deutschen Oper am Rhein. Inzwischen fahren wir lieber nach Salzburg. Im Schauspielhaus war ich auch schon lange nicht mehr. Aus dem „Weißen Rössel“ bin ich nach zwanzig Minuten raus gelaufen. Ich will mich auch nicht mehr in alte Dinge zurückverlieben. Ich schaue nach vorn und bin lieber mit jungen Leuten zusammen.

Zurück zur Mode. Was bedeutet Stil für Sie?

Eickhoff: Stil ist, sich nicht zu verkleiden.

Und Luxus?

Eickhoff: Freizeit. Hatte ich ja bisher kaum. Es wird Zeit, das Maßband des Lebens zu betrachten.

Eine letzte Frage, die sie im Interview noch gerne gestellt bekommen möchten?

Eickhoff: Ob ich in den letzten 54 Jahren glücklich war. Ich war’s mit meiner Frau. Wenn man zusammen älter wird, ist es leichter — zusammen stöhnen ist schön.