Düsseldorfer Modefirma Mutter und Tochter – ein Team
Düsseldorf · Mit einem besonders dekorierten Pullover fing alles an – drei Jahrzehnte später gilt „Sem Per Lei“ als eine der erfolgreichsten deutschen Modemarken. Mit dabei im Familienunternehmen ist jetzt auch Tochter Anna.
Die Aufgaben sind klar verteilt: Sie ist der kreative Kopf, er der kaufmännische Chef und neu im Team ist die 24-jährige Anna, Marketingexpertin auf allen Kanälen. Das Trio steht als Familie an der Spitze des 1991 von Sabine und Peter Lohèl gegründeten Mode-Unternehmens Sem Per Lei. „Wir sind immer noch da – und das so stark wie selten zuvor“, sagt die Inhaberin und Designerin. Was in Zeiten von Ladenschließungen und Insolvenzen in der Branche eher Seltenheitswert hat, gelingt den Lohèls zwei Mal im Jahr aufs Neue: Erfolgreiche Kollektionen zu entwerfen, die in Düsseldorf designt, in Italien produziert und in Europa verkauft werden. Bevor gestern die Düsseldorf Fashion Days (DFD) mit der Orderrunde für die Saison 2024 an den Start gehen, gab es im 600 Quadratmeter großen Showroom an der Kaiserswerther Straße 119 (Atelier und Firmensitz) eine Premiere: Offiziell wird ab 1. September Tochter Anna den Marketing-Aufbau des Labels von Amsterdam aus steuern, wo sie parallel ihren Master absolviert.
Mutter hoffte insgeheim auf Firmeneinstieg ihrer Tochter
„Es war immer mein größter Wunsch, dass unsere Tochter einmal in die Firma einsteigt. Ich habe das nur nie laut gesagt, weil sie ohne Druck selbst entscheiden sollte“, sagt die stolze Mutter und erinnert sich daran, wie Klein-Anna während der Modemessen in der Baby-Wippe neben den Kleiderstangen geschlafen hat. Von klein auf war Anna auch bei den Reisen nach Italien zu den Garn-Herstellern und Strickern, Stofflieferanten und Schneidern dabei. Dort im Land des dolce vita haben Peter und Sabine Lohèl auch den Namen ihres Labels erfunden.
Die Family-Affair-Rechnung scheint aufgegangen: „Für mich ist es ein großes Glück, mit meinen Eltern arbeiten zu können und die Familien-Firma in der zweiten Generation weiterzuentwickeln“, sagt Anna, die nach ihrem Bachelor in International Business Branchen-Erfahrungen in München gesammelt hat.
Nachdem erste große Firmen wie Breuninger bereits ihre Bestellungen für Sommer 2024 gemacht haben, rechnet Sabine Lohèl erneut mit einer starken Verkaufssaison. Markante Prints und Kuschel-Strick sind ihre Markenzeichen. Die Kreative und zugleich das Gesicht ihrer Marke denkt in Farb-Familien und in lässig-eleganten Ensembles: die fließende Hose passt zur bunt-bedruckten Seidenbluse, darüber ein Cardigan in passenden Tönen oder einer ihrer „Zaubermäntel“ – gemacht für Großmütter, Mütter und Töchter. Von sportlichen Bomberjacken in Grün und Flieder über Ponchos und Cargo-Hosen bis hin zu verspielten Maxikleidern bietet die Marke Sommer-Highlights für jeden Typ Frau. Die zweite, 2010 gegründete Marke der Düsseldorfer setzt mehr auf Kleider, „die im Business oder Privat angezogen wirken, sieben Tage in der Woche“. Beim Namen Anna’s Dress Affair stand die Tochter Patin.
Ihren Job hat Sabine Lohèl von der Pike auf gelernt („Nähen hat mir meine Oma beigebracht“). Auf die Ausbildung zur Couture-Schneiderin folgten der Gesellen-Abschluss, dann in Hamburg der Meister und on top das Design-Studium. „Gut, dass ich diesen Weg gegangen bin, so weiß ich, was in der Mode möglich ist, welcher Stoff oder welcher Schnitt geht“, sagt die Düsseldorferin. Sie ist der Motor des Unternehmens, der antreibt, gerne experimentiert, Neues auf die Spur setzt. Geht nicht, gibt’s bei ihr sowieso nicht. Sie ist impulsiv, entscheidet oft aus dem Bauch heraus, hat Stil und Geschmack – beste Zutaten im Geschäft mit der Mode.
Wenn sie zurückblickt, wie erklärt sie sich den Erfolg über all die Jahrzehnte selbst nach Einbrüchen wie Pandemie? „Wir kümmern uns persönlich um Kunden und Produzenten, auf uns ist Verlass. Einer unserer italienischen Fabrikanten ist vom ersten Tag an dabei. Unsere erste Kundin bestellt heute noch bei uns. Wir sind außerdem froh, dass der Modestandort Düsseldorf wieder richtig Gas gibt“, sagt Sabine Lohèl.
Übrigens ihren ersten Pullover mit der Nummer 788 und einer Kurbel-Kordel-Applikation von 1991 hütet sie wie einen Schatz. 32 Jahre später lebt die Kordel wieder auf, ziert nächsten Sommer eine lange Weste.