Ehrenhof Museumspädagogik: Kinder lernen, über Kunst zu sprechen
Am Ehrenhof wurde vor 50 Jahren die Museumspädagogik begründet. Warum, erklärt die scheidende Leiterin.
Düsseldorf. Als vor 50 Jahren ein junger Assistent und ein Studienassessor die ersten Schulklassen ins Kunstmuseum am Ehrenhof einluden, gab es noch keine Kunsthalle und keine Kunstsammlung. Die jungen Leute waren clever und machten ein Joint Venture mit der Schulbehörde beim Regierungspräsidenten. Das Motto lautete: Kunsterziehungsprogramm für Volksschulklassen.
Heute kann Silvia Neysters, die scheidende Leiterin der pädagogischen Abteilung am Museum Kunstpalast, nicht ohne Stolz von einer „Pionierarbeit am Ehrenhof“ sprechen. Im Rückblick meint sie: „Der Krieg war noch nicht so lange vorbei. Es galt, Aufbauarbeit zu betreiben. Der Start war derart erfolgreich, dass man die 500 Lehrer und ihre Klassen kaum bewältigen konnte.“ Bereits 1968 nahmen 7600 Schüler am Programm teil.
Am 1. September 1970 wurde die erste pädagogische Assistentin des Kunstmuseums eingestellt. Es war Cornelia Brüninghaus-Knubel. Sie blieb fünf Jahre und stieg später bis zur Präsidentin im Internationalen Museumsrat für Museumspädagogik auf. Die Vernetzung von sozialer und kultureller Arbeit war ihr Ziel. Das später abgerissene „Malhaus“ wurde zum Tummelplatz für den Nachwuchs. Eine Ausstellung ausschließlich für Kinder war ein Novum für Deutschland. Bis heute gibt es eine enge Verbindung nicht zum Regierungspräsidenten, aber zum Schulamt. Allerdings könnte die Verwaltung heute nicht mehr von oben herab befehlen, Schulklassen ins Museum zu schicken. Das wäre auch politisch nicht gewollt, so Neysters.
Kurioserweise gibt es einen großen Unterschied zwischen den Grundschulen als Kunstgängern und den weiterführenden Schulen. Neysters erklärt: „Grundschulen haben freiere Möglichkeiten der Termingestaltung. Sie dürfen öfter ihr Gebäude verlassen. In den weiterführenden Schulen gibt es einen sehr großen Druck seitens der Eltern, keinen Unterricht in einem Hauptfach ausfallen zu lassen.“ Künstlerische Fächer genießen eben in den Schulen nicht die gleiche Priorität wie wissenschaftliche. Da kann die Pädagogik des Museums noch so unterrichtsrelevante Arbeit leisten.
Ideal für die kreative Arbeit sind Lehrer, die zugleich Künstler sind. Sie leisten ganz offensichtlich „tolle Arbeit“, wie es Neysters nennt. Die würden sich „auf das Haus einlassen“, an großen Projekten teilnehmen und Ausstellungen mit den Museumspädagogen vorbereiten.
Die „übrigen Lehrer“ beschränken sich in der Regel auf die 90-Minuten-Programme, die je nach dem Alter der Schüler vorbereitet und stets als Dialoge durchgeführt werden. Ein guter Museumspädagoge reagiere sofort auf das jeweilige Niveau einer Klasse. Das Problem liege in der Konzentration. Silvia Neysters erklärt: „Die Kinder sehen sich ja heute eher bewegte und nicht statische Bilder an. Sich auf Kunst einzulassen, ist eine Konzentrationsleistung.“ Dennoch will Neysters nicht klagen: „Kunst ist genial. Wir haben gerade ein großes Projekt mit der Heinrich-Heine-Universität für ausländische Studierende in Deutschland begonnen. Es gibt viele Möglichkeiten, über Kunst zu kommunizieren, selbst mit Körpersprache.“
1985 war Silvia Neysters nach Düsseldorf gekommen, 1998 übernahm sie die Abteilung. Sie erlebte, wie Kulturdezernent Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff 1992 die „Kulturelle Bildung“ zu seinem Leitbild machte. Unter Kulturdezernent Hans-Georg Lohe wurde ein „Museumsatelier“ eingerichtet, entkernte und erweiterte man die Räume.
Für Silvia Neysters ist jetzt Schluss. Sie geht in den wohlverdienten Ruhestand. Eltern und Kinder werden ihr für ihr großes Engagement danken zum Abschied. Ihre Nachfolgerin wird ab 2017 ihre langjährige Mitstreiterin Birgit van de Water.