Düsseldorf Polizei-Gewerkschaft: „Rechte Demos eine erhebliche Zusatzbelastung“
Die Zahl der Rechten-Demos steigt an, die der Gegendemos ebenso: Wie die Polizei mit der Lage umzugehen versucht.
Düsseldorf. Erst Pegida, dann Dügida, inzwischen auch ein Bündnis von Flüchtlingsgegnern, immer wieder die Republikaner — Düsseldorf erlebt seit einem Jahr so viele Demos von Rechtspopulisten wie nie zuvor; das nächste Mal am Freitagabend mit Dügida in Unterrath.
In dem schwierigen Spannungsfeld zwischen diesen Kundgebungen und den Gegendemonstrationen steht die Polizei. Die WZ sprach mit Harald Walter und Ingbert Köhler von der Gewerkschaft der Polizei über ihre Sicht auf die Situation.
WZ: Herr Walter, Herr Köhler, welche Belastung bedeuten die regelmäßigen Einsätze zwischen Rechtspopulisten-Demos und Gegendemos für die Düsseldorfer Polizei?
Ingbert Köhler: Es ist eine erhebliche Zusatzbelastung. Wir haben ja keine Reserve. Dort sind immer Polizisten, die etwas Anderes gerade nicht tun können. Und es sind hunderte, tausende Überstunden, die nicht abgebaut werden können.
Harald Walter: Bei der Bereitschaftspolizei fallen an solchen Tagen schon mal 15 oder 16 Stunden am Stück an. Das sind sehr belastende Dienste, zumal die Arbeitszeit nicht planbar ist. Aber sie können unter der Woche frei machen. Schwieriger ist es im Wach- und Ermittlungsdienst. Wir haben Beamte mit 200 bis 500 Überstunden. Und das sind noch die Normalfälle.
Wie erleben die Polizisten diese speziellen Einsätze?
Köhler: Ich habe mit vielen der jungen Kollegen nach solchen Einsätzen gesprochen. Und sie sind sehr enttäuscht, dass sie oft in eine Ecke mit den Rechten gestellt werden, weil sie Grundrechte verteidigen. Das ist für sie unerträglich.
Mit „in die Ecke gestellt“ meinen Sie Rufe wie „Helm auf, Hirn aus“?
Walter: Das Hirn bleibt ja eben an. Auch wenn etwa eine Sitzblockade aufgelöst wird wie neulich an den Schadow-Arkaden. Das ist eine schwierige Angelegenheit. Weil man keine Gewalt anwenden will. Weil man politisch auch nah bei denen ist, die da demonstrieren. Das sind Stresssituationen. Aber es gibt nun einmal einen Arbeitsauftrag.
Der kam an diesem Abend von der Staatsanwaltschaft. Was natürlich kaum einer der Gegendemonstranten registriert haben dürfte.
Walter: Die Anmelderin der Dügida-Demo wurde in ihrem Auto eingekesselt. Das ist eine Situation, in der wir von Freiheitsberaubung sprechen. Die Polizisten können nicht anders, als einzuschreiten. Das wäre sonst Strafvereitelung im Amt — sie würden sich selbst strafbar machen, könnten ihren Job verlieren. Köhler: Aber es geht ja auch um Grundsätzliches. Die Polizisten dürfen keine Partei ergreifen — das kann sich auch keiner der Gegendemonstranten ernsthaft wünschen. Eine Polizei, die dem politischen Mainstream folgt. Wie gefährlich wäre das denn!
Haben Sie denn Verständnis für diejenigen, die Kundgebungen von Rechtsextremen stören wollen?
Walter: Ich kann grundsätzlich verstehen, dass man sich so echauffiert. Mit kühlem Kopf muss ich aber sagen: Damit werten sie ihr Gegenüber enorm auf. Wenn beide für sich demonstrieren würden und nach zwei Stunden einfach alles vorbei wäre, gäbe es keine Presse, die Bevölkerung würde Dügida überhaupt nicht registrieren und sie wäre das, was sie eben ist: Eine Bewegung, die sich in Düsseldorf ziemlich totgelaufen hat.
Das ist ein grundlegender Punkt: Ignorieren oder wehren? Gegendemo ja oder nein?
Walter: Ich war selbst bei Gegendemos, muss ich jetzt mal sagen. Köhler: Aber ich habe kein Verständnis, wenn man eine Demo verhindern will, die nicht verboten wurde. Das ist gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Walter: Ich würde mir allerdings vom Verwaltungsgericht wünschen, dass es einen Polizeipräsidenten mehr unterstützt, wenn er sagt: Kundgebung statt Demonstration. Wir können einfach nicht erlauben, dass so wenige Menschen unsere Stadt über Monate lahmlegen.
Am Rande der Demos wurde immer wieder Kritik an Norbert Wesseler als Polizeipräsident geäußert. Er kämpfe nicht genug gegen Rechts.
Walter: Das ist leicht dahingesagt, wenn man nicht in der Verantwortung steht. Auch ein Polizeipräsident darf nicht über dem Recht stehen. Er ist Jurist und prüft genau, was möglich ist. Man sieht an den bisherigen Verwaltungsgerichtsurteilen, wie schwierig das ist. Aber er versucht, dagegen vorzugehen. Köhler: Das muss ich bestärken. Er ist da eindeutig positioniert und versucht alles, den Rechtspopulismus einzudämmen.
Was würden Sie sich wünschen, um diese komplexe Gemengelage aufzulösen?
Köhler: Eine Besinnung auf den Gedanken der Meinungsfreiheit. Es geht nicht darum, welche Meinung gesagt wird, sondern dass sie gesagt werden darf. Walter: Vor allem würde ich mir wünschen — ganz persönlich —, dass es in dieser Stadt keine Menschen mehr gibt, die mit den Ängsten anderer spielen. Dann gäbe es nämlich auch Dügida gar nicht.
Noch einmal ganz deutlich: Sie sind nicht für den Verzicht auf Gegendemos, um den Aufwand für die Polizei zu verringern?
Köhler: Nein. Eine Demokratie lebt von Meinungsäußerung. Die darf auch laut und bunt sein. ’Walter: Aber bitte mit legalen Mitteln!