Düsseldorf. Schimmelbefall im Tanzhaus NRW
Das Dach der Kultureinrichtung ist seit Jahren undicht — mit mittlerweile bösen Folgen. Politik und Verwaltung wissen schon lange von der desolaten Situation.
Düsseldorf. Es ist eine Frage der Zeit, wann sich Ansgar Kluge und Herr L. duzen werden. Kluge ist der Technikchef des Tanzhauses, Herr L. der Dachdecker. Die beiden Männer verbindet ein bedeutender Umstand: ein undichtes Dach. Und da es mittlerweile an immer mehr Stellen hineinregnet, sprechen auch Herr Kluge und Herr L. immer häufiger miteinander. Das Dach ist der neuralgischste Punkt am Tanzhaus, jedoch bei weitem nicht die einzige Problemzone. Die Sanitäranlagen im Haus sind nach Jahrzehnten arg mitgenommen, an der Decke eines Besprechungszimmers schimmelt es gleich an mehreren Stellen, in den Aufenthaltsraum der Dozenten regnet es hinein. Hausmeister steigen seit 20 Jahren auf das Flachdach eines Anbaus, um die Lichtkuppeln mit Folie abzudecken, weil nur so eine halbwegs erträgliche Temperatur zu erreichen ist. Provisorische Dämmung nennt man das wohl.
Platzmangel und Sanierungsbedarf eines der wichtigsten deutschen Tanzzentren sind seit Jahren bekannt und sollen schon genauso lange behoben werden. Zuletzt, bekräftigten die Politiker nahezu aller Fraktionen in der WZ, die Erneuerung des Tanzhauses habe Priorität. Das ist drei Jahre her, jedoch hat sich seitdem nichts und niemand bewegt.
Dramaturgin Bettina Masuch übernahm im Jahr 2014 die Leitung der Einrichtung. Sie hatte gerade ihr Interimsbüro bezogen, als sie mit den Baumängeln Bekanntschaft machte. „Ich wollte ein Fenster öffnen, das sofort aus den Angeln kippte.“ Glück habe sie gehabt, dass ihr nichts passiert sei.
Wer im Tanzbetrieb steckt, ist nicht zimperlich. Viele Tänzer sind es gewohnt, sich mit wenig Platz mit vielen Menschen zu teilen — zum Umziehen, Aufwärmen und Duschen. „Aber dass wir unseren Künstlern noch nicht einmal eine nach Geschlechtern getrennte Garderobe anbieten können, ist ein Unding“, sagt Masuch. Zumal sie weiß, dass die Konkurrenz in Essen, Pact Zollverein, deutlich bessere Bedingungen zu bieten hat. „Und dann ist da noch das geplante Tanzzentrum in Wuppertal“, sagt sie.
Das Tanzhaus ist 1998 in das ehemalige Rheinbahndepot an der Erkrather Straße eingezogen. Der Charme des ehemals industriell genutzten Areals wurde beim Umbau bewahrt: weitläufige Räume und Hallen mit hohen Decken, Ziegelsteinwände, dazu Musik und Tanz in den Studios. Die Atmosphäre ist bestechend. „Das finden wir auch“, sagt Masuch, „aber nach fast 20 Jahren gibt es dringenden Sanierungsbedarf.“ Bisher kam man mit der zwar ungeliebten, jedoch alternativlosen Flickschusterei weiter. „Das funktioniert nicht mehr“, sagt Ansgar Kluge, der auch in seinem Büro bei Regen einen Eimer aufstellt, der das Wasser auffängt. „Wir müssten zumindest einzelne Doppelstegplatten, die ja als Dachabdeckung dienen, austauschen“, sagt Kluge. Eine heikle Sache angesichts der fragilen Gesamtsituation des Dachs. „Unsere Handwerker wollen für solche Einzelmaßnahmen keine Haftung übernehmen,“ sagt Kluge.
Das Tanzhaus wird von Stadt und Land finanziell gefördert, erwirtschaftet jedoch seit ein paar Jahren mit dem Kursangebot einen Überschuss, der an die Stadt zurückgezahlt wird. Masuch würde das Geld gerne behalten und ansparen. Dazu müsste die Stadt jedoch ein anderes Finanzierungsmodell bewilligen. „Das wurde jedoch abgelehnt“, sagt Masuch.