Schulleiter der Gymnasien wollen bei G8 bleiben

Die Schulleitungen in Düsseldorf sind gegen die Rückkehr zu G9. Die Elternschaft spricht sich allerdings erstmals klar dafür aus.

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Düsseldorf. Das Turbo-Abitur ist das große Politikthema in NRW: Ministerin Sylvia Löhrmann hat zum Runden Tisch geladen, Gegner von G8 sammeln Unterschriften für eine Volksinitiative. Zwar wird in Düsseldorf Landespolitik gemacht, in der Stadt ist aber vom Widerstand gegen G8 wenig zu spüren. Wie ist die Stimmung in Familien und Schulen?

Wenn es einen Hort des Widerstands gegen G8 gibt, sind es sicher nicht die Schulleitungen der Gymnasien. Konrad Großmann vom „Rückert“ ist Sprecher der Rheinischen Direktoren. Er saß am Montag am Runden Tisch bei Sylvia Löhrmann. Sein Tenor: „Wir sind für die Beibehaltung von G8.“ Es seien Förderkonzepte, Hausaufgabenbetreuung, Essensangebote und mehr im Zuge von G8 entstanden. Jetzt gelte es abzuwarten, „wie sich das bewährt“.

Das Stress-Argument vieler G8-Gegner zieht Großmann in Zweifel. Der Druck komme zum Teil auch aus den Familien selber. Zudem würden immer mehr Kinder auf die Gymnasien gehen, darunter auch zunehmend solche, die dort überfordert seien.

Auch Suitbertus-Rektorin Claudia Haupt sagt: „Jetzt kann man nur noch das Beste daraus machen, die meisten Schulen wollen Ruhe.“ Allerdings findet Haupt lobende Worte für ein Modell, wie sie es vor G8 an einem Gymnasium in Neuss erlebt hat. Dort konnten sich begabte Schüler entscheiden, ein Jahr zu überspringen.

Schon 2010 hatte die rot-grüne Landesregierung nach ihrem Wahlsieg den Gymnasien die Möglichkeit gegeben, zu G9 zurückzukehren. Claudia Haupt spricht aber von einem „angeblichen Angebot“. Der Übergang zur Ganztagsschule hätte nicht zur Disposition gestanden, zum Teil seien die Auflagen unrealistisch gewesen.

Diesen Punkt sieht auch Berit Zalbertus kritisch, die Vorsitzende der Elternschaft Düsseldorfer Schulen (EDS): „Eine Rückkehr zu G9 von einem Teil der Gymnasien kann nur funktionieren, wenn das Land klar sagt, wie viele in welchen Kommunen das umsetzen sollen.“ Das hält sie auch jetzt für den richtigen Weg: zumindest im Übergang G9 als Alternative zu G8 anzubieten.

Grundsätzlich findet Zalbertus es richtig, wenn Kinder ein Jahr mehr haben, „um gründlich zu lernen, anstatt sich in acht Jahren Prüfungswissen reinzupauken“. Doch sie sieht in Düsseldorf auch eine verbreitete Frustration und Schulleiter im Schulterschluss, die nicht noch eine Reform wollen.

Yvonne Stegmann ist Schulreferentin des Evangelischen Kirchenkreises Düsseldorf, sie beobachtet die Bildungslandschaft hier genau. In der Debatte ums Turboabi sieht sie deshalb auch Interessen und Zwänge: „Die Lehrer haben sehr viel Arbeit in die Umstellung auf G8 gesteckt, daher ist bei vielen die Neigung begrenzt, jetzt wieder umzudrehen.“

Aber Stegmann hält diese Vorsicht auch für angebracht und rät dazu, erst mal genau hinzuschauen und nachzubessern, statt G8 nun wieder ganz abzuschaffen. Andererseits sagt sie: „Die meisten Kollegen an den Schulen kennen G9 aus eigener Erfahrung. Jetzt wäre die Wiedereinführung noch mit geringerem Aufwand verbunden.“

Aber das Thema hat weitere Aspekte, etwa den finanziellen. Auf Dauer würde die Verlängerung der Schulzeit Geld kosten. Und die Landesregierung hat mit der Inklusion nun schon ein großes Projekt zu bewältigen, gibt Yvonne Stegmann zu bedenken.

Manche Probleme seien wohl entstanden, weil G8 zu schnell eingeführt wurde. Die Lehrer waren ihrer Ansicht nach nicht genügend vorbereitet, was unter anderem dazu geführt habe, dass trotz Verkürzung kaum Stoff weggefallen sei. Mehr Hausaufgaben seien zum Teil die Folge gewesen. Eine übereilte Reform — „die Sorge ist“ sagt Yvonne Stegmann, „dass es bei der Inklusion auch so geht“.