Stadtrat: Am Wohnungsbau scheiden sich die Geister
Regierung und Opposition erklärten am Donnerstag, was sie 2012 mit dem Geld der Bürger tun wollen.
Düsseldorf. Es gibt Rituale in der Politik, die sind auf den ersten Blick lähmend langweilig. Auf Platz eins der Gähn-Hitliste im Rathaus stehen die Haushaltsberatungen. Wenn Politik und Verwaltung ausklamüsern, wofür das Geld der Bürger ausgegeben werden soll, geht’s ins Detail. Wobei man getrost davon ausgehen kann, dass die meisten der (ehrenamtlichen) Politiker das mehr als 1000 Seiten starke Zahlenwerk auch dann nicht verstehen würden, wenn sie es läsen. Nicht weil sie zu dumm sind, sondern weil das tatsächlich eine Wissenschaft für sich ist.
Diejenigen, die sie beherrschen, liefern sich im Stadtrat den immergleichen Schlagabtausch: Die Finanzexperten der Rats-Mehrheit finden alles toll, was die Verwaltung vorschlägt — und die Opposition mäkelt an allem herum. Am Donnerstag ist dieses Schauspiel wieder zu bestaunen, wenn im Rathaus der Etat für 2012 beraten wird. Am Dienstag liefen sich die Politiker schon mal warm. Gegenüber Journalisten erklärten CDU/FDP, was sie wollen — und später die SPD, wie sie darauf reagiert.
Union und Liberale setzen auf Kontinuität: Der hohe soziale Standard werde gehalten, das Großprojekt Kö-Bogen sei ohne Einschnitte in die Leistungen der Stadt möglich — und an der Schuldenfreiheit werde auch festgehalten. „Seit 1999 ist unser Weg gerade und berechenbar“, betont CDU-Fraktionschef Friedrich Conzen. Klar sei aber auch, dass man angesichts der Finanzkrise nicht ständig draufsatteln könne. Man werde deshalb auf eigene, teure Anträge zum Haushalt verzichten, erklärte sein FDP-Kollege Manfred Neuenhaus: „Auch in unserer Fraktion gibt es natürlich Wünsche in alle Richtungen. Wir wollen aber ein Signal geben, dass es uns ernst ist, die Schuldenfreiheit dauerhaft zu erhalten.“
Die SPD glaubt das nicht. Sie wirft CDU und FDP im Gegenteil vor, die Schuldenfreiheit zu riskieren. Fraktionschef Markus Raub: „Der Kernfehler des Haushaltes ist, dass er falsche Schwerpunkte setzt. Es geht der Ratsmehrheit nur um den Kö-Bogen, alles andere wird ausgeblendet.“ Dabei sei absehbar, dass das Projekt teurer werde als geplant. „Ich wette, dass unter dem Strich 400 bis 500 Millionen Euro stehen werden“, sagte Bürgermeisterin Gudrun Hock. Bisher seien aber nur 350 Millionen etatisiert.
Finanzexperte Peter Knäpper kritisierte, dass die Stadt umgekehrt bei Investitionen wie der Schulsanierung mehr Geld in den Etat hineinschreibe, als am Ende ausgegeben werde. So käme der Kämmerer zwar schließlich auf eine schwarze Null, aber: „Die Stadt hält ihre Versprechen gegenüber den Bürgern nicht ein.“ In den Jahren 2004 bis 2010 seien 750 Millionen Euro eingeplant, aber nicht investiert worden.
Abgesehen von dieser Fundamentalkritik gibt sich die SPD bescheiden. Die Änderungsanträge zum Haushalt sind vergleichsweise günstig. Da geht es etwa um die Verkehrspolitik (ÖPNV-Beschleunigung, Ausbau des Radnetzes), die konsequente Umsetzung des Masterplans Schulen (vorgeschlagen wird, einen Teil der Projektsteuerung an die städtische Bautochter IDR zu delegieren), oder ein Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose für jährlich drei Millionen Euro.
Am größten sind die Unterschiede zwischen den Lagern indes bei der Wohnungspolitik. Die Opposition fordert, die städtische Wohnungsgesellschaft müsse günstigen Wohnraum bauen, finanziert mit Mitteln aus dem Haushalt — „oder die Gesellschaft kann auch selbst Kredite aufnehmen“, wie Hock erklärt.
CDU und FDP glauben indes, es sei ein Fass ohne Boden, die Mieten künstlich niedrig halten zu wollen. Stattdessen müsse die Stadt ins Umland wachsen, die Rede ist von einer „emotionalen“ Eingemeindung. So wie es jetzt schon Firmen gebe, die ihre „Niederlassung Düsseldorf“ etwa in Ratingen betreiben, werde sich der Begriff „Metropolregion Düsseldorf“ im Umland durchsetzen. Neuenhaus: „Auch die Menschen hinter der Stadtgrenze sollen sich als Düsseldorfer fühlen.“ Ein Anstoß, der auch Widerspruch hervor rufen dürfte, aber eines zeigt: Auf den zweiten Blick können sogar Rituale spannend sein . . .