Düsseldorf Straße oder Weg: Radler haben die Wahl

Der Rat hebt bald die Pflicht für Radler auf, Radwege zu nutzen — denn die sind oft gefährlich. Stadt listet die Ausnahmen auf.

Foto: S. Lepke

Düsseldorf. Es klingt fast verrückt: In Düsseldorf gibt es viel zu wenig Radwege, in den letzten Jahren hat die Stadt immerhin das Netz etwas verdichtet. Jetzt jedoch soll die Pflicht der Radler, diese Radwege zu nutzen, aufgehoben werden. In Einzelfällen wie an der Ellerstraße hat die Stadt das bereits getan, nachdem das Bundesverwaltungsgericht 2010 die „Radwegebenutzungspflicht“ für unwirksam erklärte. Doch die Ampel-Mehrheit im Rat hat jetzt — auf Initiative der Grünen und mit Zustimmung von CDU und Linken — die Stadt beauftragt, die Pflicht im gesamten Stadtgebiet aufzuheben und stattdessen im Gegenteil nur noch die Straßen auszuweisen, wo Radler unbedingt auf dem Radweg bleiben müssen.

Den Sinn fasst Norbert Czerwinski, der Verkehrsexperte der Grünen, so zusammen: „Es geht darum, Radfahrern die Wahl zu lassen, ob sie auf dem Radweg oder auf der Straße radeln.“ Das spiele insbesondere bei Unfällen eine große Rolle: Da bekomme der Radler leicht eine Mitschuld, nur weil er auf der (Auto-) Straße gefahren ist. „Dabei sind gerade die Radwege oft die größte Gefahrenquelle für Radfahrer“, sagt Czerwinski.

In der Tat gab und gibt es viele zu schmale Radwege — insbesondere auf Fußgänger-Bürgersteigen. Czerwinski erinnert sich besonders an den „gemeingefährlichen auf der Hammer Straße im Hafen, der quasi mitten durch die Außengastronomie führte“ und der durch einen Radstreifen auf der Straße ersetzt wurde. Ähnlich eng war es früher an der Ellerstraße.

Bis heute hochproblematisch ist der Radstreifen auf dem Gehweg der Dorotheenstraße in Flingern (Lastring). „Dort kann man nur sehr vorsichtig fahren, sonst gefährdet man die Fußgänger und sich selbst“, sagt Lerke Tyra, Vorsitzende vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) Düsseldorf. Allerdings gibt es an dieser Stelle überhaupt keine gute Lösung für die Radfahrer, denn sie in den permanent dichten Autoverkehr des Lastrings zu schicken, kann auch keiner verantworten.

Der ADFC ist freilich generell für die Aufhebung der Radwegepflicht: „Wir fordern das seit Jahren, weil es eine Mär ist, dass Radler auf Radwegen sicher sind“, sagt Tyra. Die Polizeistatistik sei eindeutig: „Die meisten Unfälle erleiden Radfahrer durch Autofahrer beim Abbiegen — sie werden besser gesehen, wenn sie mit auf der Straße fahren.“

Aber auch ohne Radwegebenutzungspflicht und trotz neuer Radstreifen: Leicht haben es Radfahrer in Düsseldorf nicht. Nachdem die Stadt Radfahrern an der Volmerswerther- und der Moorenstraße erlaubte, statt des Radweges die Straße zu nutzen, kam es regelmäßig zu Konflikten mit Autofahrern.

Auch auf der Kö geben die sich irritiert bis sauer, wenn ihnen Radler in die Spur geraten — obwohl die das mittlerweile dürfen, weil der Radweg in der Mitte nicht viel taugt. Wahlfreiheit gilt auch auf der Oberkasseler Brücke. Hier wurde ein neuer Radweg auf der Straße angelegt, aber wem es darauf wegen schnell fahrender Autos mulmig wird, der darf auch weiter auf dem Gehweg fahren — allerdings nur langsam, Fußgänger haben da klar den Vorrang. Für Czerwinski sprechen auch solche Beispiele dafür, es den Radlern zu überlassen, wo sie lieber fahren wollen: „Denn sie haben ja selbst ganz unterschiedliche Ambitionen — vom schnellen Viel- bis zum vorsichtigen Langsamfahrer.“