Gärtnern in der Großstadt Aus Brachflächen werden Nutzgärten
Düsseldorf · Am Unterbacher See entstehen auf einem 30.000 Quadratmeter großen Grundstück am Südstrand 80 Parzellen. Festbauten dürfen nicht errichtet werden, die Flächen sind vor allem für den Anbau von Gemüse und Obst gedacht.
Der Unterbacher See ist für die Menschen in Düsseldorf ja ein wichtiges Naherholungsgebiet. Die Flächen drumherum sind größtenteils Naturschutzgebiet, weisen jedoch auch weniger schöne Flecken auf. Jeder, der über die Straße Am Kleinforst in Richtung Südstrand unterwegs ist, wird den eher verwahrlost wirkenden Streifen auf der dem See abgewandten Seite kaum übersehen. Das ändert sich nun zumindest auf einem rund 30 000 Quadratmeter großen Grundstück am Ende der Straße nahe dem Parkplatz. Das gehört schon seit 2018 dem Unternehmen Gardenio Grundbesitz aus Meerbusch, das hier ein konkretes Ziel verfolgt, welches nach knapp zweijährigen Verhandlungsgesprächen mit der Stadt jetzt umgesetzt werden soll: Es entstehen sogenannte Nutzgärten, insgesamt 80 Parzellen mit einer Größe von jeweils 200 Quadratmetern.
Dass sich die Genehmigungsphase so lange hinzog, erklärt Projektleiterin Songül Sönmez mit den hohen Auflagen und damit verbundenen Einschränkungen, die im Außengebiet gelten. „Es dürfen hier beispielsweise keine Festbauten errichtet werden“, erklärt sie. Daher hat das Projekt auch nichts mit einem Kleingarten im klassischen Sinne zu tun, „es geht hier mehr um den Anbau von regionalem Gemüse, von Obst, Blumen, Kräutern, um das Erleben in der Natur“, erklärt Sönmez. Die Wasserversorgung ist gesichert, die monatliche Pacht ist mit 50 Cent pro Quadratmeter vergleichsweise günstig.
Gardenio greift mit seinem Geschäftsmodell einen Trend auf, der gerade am Niederrhein schon viele nachhaltig denkende Menschen auf die Äcker getrieben hat. Die Meerbuscher haben in Berlin, Essen oder Wuppertal bereits viele Fläche gekauft, entsprechend bewirtschaftet und mit Pächtern Verträge abgeschlossen, die zudem relativ unkompliziert zum Quartalsende gekündigt werden können. Allerdings landeten nach dem Ankauf von Kleingartenflächen Fälle auch schon vor Gericht, beispielsweise in Berlin.
Auch das an die Nutzgärten grenzende Grundstück, auf dem vor Kurzem der große Biergarten Mindibu (ehemals Peter’s Biergarten) neu eröffnet hat, ist im Besitz von Gardenio und an den Betreiberverein verpachtet, die für die Gastronomie genutzten Bauten genießen dort Bestandsschutz.
Bald soll es
eine Musterparzelle geben
Hier hatte sich das komplizierte Genehmigungsverfahren ähnlich lange hingezogen. Songül Sönmez kann sich gut vorstellen, perspektivisch weitere Flächen am Unterbacher See hinzuzukaufen, davon gibt es am Kleinforst genug, eine Aufwertung wäre hier sicher wünschenswert.
Bald soll es auch eine Musterparzelle geben. Erste Verträge wurden bereits abgeschlossen, erklärt Sönmez, ab kommende Woche will Gardenio offensiv in die Vermarktung einsteigen. Die Parzellen sind über einen Mittelweg erreichbar, Obstbäume und regionale Sträucher werden noch für ein schöneres und ökologisch abgerundetes Erscheinungsbild gepflanzt. Ebenfalls sind Sitzgelegenheiten sowie zwei Komposthaufen geplant. Auf dem Grundstücke steht auch noch eine alte Scheune, die nicht abgerissen, sondern als Treff für die Gemeinschaft hergerichtet werden soll.
Ohnehin geht Songül Sönmez davon aus, dass der gegenseitige Austausch von Ernteerzeugnissen eine große Rolle spielen wird, sozusagen modernes Foodsharing, und daher der soziale Aspekt der Nutzgärten im Fokus stehen wird. Grundsätzlich habe sich das Geschäftsmodell der verpachteten Nutzgärten bewährt, sagt die Projektleiterin, „die Leute sind froh, dass sie einen festen Ansprechpartner haben und nicht den bisweilen strengen Regularien eines Kleingartenvereins unterworfen sind“. Der Wunsch, gerade in einer Großstadt, in der viele Menschen über keinen Garten, oft genug nicht einmal über einen Balkon verfügen, nach einem eigenen Stück Natur sei jedenfalls groß.