Verkostungswettbewerb: Wie Profi-Röster Filterkaffee bewerten
Zum ersten Mal treffen sich Röster und Händler in Düsseldorf, um an einem Tag 76 Kaffees zu beurteilen. Dabei spielen auch Aromen wie Orange und Limette eine Rolle.
Düsseldorf. Mateusz Petlinski schlürft kräftig an einem Löffel mit Kaffee. Dann lässt er eine Art Schmatzen folgen und spuckt die schwarze Flüssigkeit in einen Pappbecher. Das hört sich vielleicht nicht sehr appetitlich an, gehört beim Verkostungswettbewerb der Deutschen Röstergilde aber zum guten Ton.
Der Geschmack werde vor allem mit der Nase erfasst. „Mit dem Schlürfen ziehen wir Luft mit ein. Je mehr Luft, desto besser kommt der Geschmack in der Nase an“, erklärt Petlinski, der in der Düsseldorfer Rösterei „Vier“ für den guten Geschmack verantwortlich ist. Auch dort schlürft er jeden Tag vom Löffel, um die Qualität der Röstungen zu überprüfen. So teste er bis zu 50 Kaffees pro Woche. Beim Verkostungswettbewerb, der einmal im Jahr organisiert wird, gehört der 28-Jährige zur Fachjury. „Man ist manchmal in seiner eigenen Blase, hier kann man auch gucken, was der Rest der Röster treibt“, sagt er. In Düsseldorf geht es um die Kategorie Filterkaffee. Die Jury hat einen regelrechten Verkostungs-Marathon vor sich. 76 Kaffees von Röstern aus ganz Deutschland werden in verschiedenen Kategorien an einem Tag beschrieben und bewertet - ohne dass bekannt ist, von welcher Kaffeemanufaktur geröstete Bohnen eingeschickt wurden.
Die Jury besteht aus sogenannten Spezialitätenröstern und Händlern von Rohkaffee. Der Gastgeber ist Tamas Fejer, Chef-Sommelier bei der Kaffeeschmiede in Düsseldorf. Leidenschaftlich diskutiert er mit anderen Juroren über die geschmacklichen Aspekte der ersten Kaffee-Proben. „Wir justieren uns gegenseitig ein, um auf einem Level zu sein“, sagt Fejer. Neben der Bewertung und dem damit verbundenen Feedback an die Kollegen, sei ihm auch der Austausch mit den anderen Kaffee-Röstern vor Ort wichtig. Ziel der Jury sei es, den Kaffee möglichst objektiv in verschiedenen Geschmacks-Kategorien zu bewerten. Dazu kommt zu Beginn ein sogenannter Referenzkaffee auf den Tisch, der bei der späteren Punktevergabe auf einer Skala von eins bis zehn als Orientierungshilfe dient.
Die Kostungen werden in Runden aufgeteilt. Pro Durchgang werden sechs Kaffees gebraut. Vorher wird frisch gemahlen - zur besseren Vergleichbarkeit immer mit dem gleichen Mahlgrad. 12 Gramm Kaffee wird in kleinen Schüsseln bereitgestellt. Erst nach einem Geruchstest wird er mit circa 94 Grad heißem Wasser übergossen und darf vier Minuten ziehen. Die Jury hat sich in drei Gruppen mit jeweils vier Mitgliedern aufgeteilt. Dann steht die erste Bewertung an.
Die erfassen die Kaffee-Profis zeitgleich mit einer entsprechenden App für das Smartphone. Mitarbeiter der Röstergilde werten die Ergebnisse später aus. „Der Nachgeschmack ist ziemlich kurz, nicht sehr komplex, aber auch nicht unangenehm“, sagt Mateusz Petlinski, nachdem er mehrmals konzentriert eine Probe von seinem Löffel geschlürft hat. Die Aromen seien sehr gut aufeinander abgestimmt - auch wenn nichts hervorsteche. „Man kann es sich wie bei einer Band vorstellen - kein Musiker spielt sich in den Vordergrund“, erklärt er einer Rösterin aus seinem Jury-Team, die zum ersten Mal in einer Jury Kaffee verkostet. Inge Lauel ist aus Hessen angereist. Für sie sei die Teilnahme interessant, weil sie so erfahre, was Röstereien in ganz Deutschland für einen Kaffee machen.
„Außerdem kann ich meinen Geschmack mit dem der anderen abgleichen.“ In der Kategorie Ausgewogenheit einigt sich die Gruppe bei der ersten Probe auf eine 8,25. Bei einer abschließenden subjektiven Beschreibung fällt ein Vergleich mit Zartbitterschokolade. Auf einem sogenannten Geschmacks-Rad, welches als Orientierung dienen kann, stehen zahlreiche solcher Aromen. Die Säure könnte beispielsweise auch einen Eindruck von Limette, Grapefruit oder Orange vermitteln. Je genauer einzelne Kategorien wie Geschmack, Körper und Säure beschrieben werden, desto objektiver ist am Ende die Wertung der Jury, erklärt Mateusz Petlinski.
Und wie können Normalverbraucher testen, ob sie einen guten Kaffee vor sich haben? „Einfach schauen, ob es schmeckt“, empfiehlt Petlinski. Dabei sei - zumindest bei Kaffee-Kennern — auch schlürfen erlaubt.