Vier Tage in Nordkorea: Unter den Augen des Regimes

Abiturient Aurel Gröne war als Tourist in Nordkorea. Der 19-Jährige hält Vorträge über das Land in Ostasien, das aktuell die Schlagzeilen beherrscht.

Düsseldorf. Nachdem er sich anderthalb Jahre vorher beim staatlichen Amt für Tourismus angemeldet hatte, verbrachte Aurel Gröne vier Tage in der Hauptstadt Pjöngjang und der Grenzstadt Kaesong — unter ständiger Beobachtung durch regimetreue Fremdenführer. Damit war der 19-Jährige einer der wenigen ausländischen Touristen, die Nordkorea im vergangenen Jahr besuchen durften.

„Mich hat dieses letzte Relikt des Ostblocks immer interessiert“, sagt der Abiturient des Goethe-Gymnasiums und Mitglied des Jugendrates. Heute hält der 19-Jährige Vorträge über die Reise und verfolgt nach wie vor die Geschehnisse rund um das Land. Mit der WZ sprach er unter anderem über seine Einschätzung zum Konflikt mit Südkorea.

Herr Gröne, Sie waren selbst in Nordkorea. Momentan spitzt sich die Lage in Ostasien zu. Wie ist Ihre Einschätzung der Situation?

Gröne: Ich glaube, dass das nur eine Art Machtprofilierung des neuen Diktators Kim Jong Un nach innen ist. Meistens passiert so etwas, wenn sich ein neuer Diktator behaupten muss oder es eine Wirtschaftskrise gab. Das war 1994 so, als Kim Jong Uns Vater Kim Jong II an die Macht kam, und 2004, als es eine schwere Hungerkatastrophe gab.

Ist ein Krieg denkbar?

Gröne: Ich glaube nicht. Auch wenn viel Geld für das Militär ausgegeben wird, kann daran niemand Interesse haben. Dazu ist das Land viel zu schwach.

Inwiefern wurde Ihre Reise zu Propagandazwecken genutzt?

Gröne: Wir hatten rund um die Uhr zwei englischsprechende Guides, die mit uns ein strikt eingehaltenes Programm absolviert haben. Wir konnten das Land nicht auf eigene Faust erkunden. Die Reiseführer haben jede Gelegenheit genutzt, um uns davon zu überzeugen, dass „die Demokratische Volksrepublik Korea das am höchsten entwickelte Land der Welt ist“.

Haben sich die Guides auch zu Missständen geäußert?

Gröne: Nicht wirklich. Wenn wir zu Gebäuden kamen, die seit langer Zeit nicht fertig gebaut werden konnten, wurde gesagt, dass sie es nicht kennen. Uns ist aber aufgefallen, dass sie sehr wenig über den neuen Diktator gesprochen haben. Mein Mitreisender und ich dachten, dass das auf eine Liberalisierung hindeuten könnte, wenn Kim Jong Un nicht mehr wie ein Halbgott behandelt wird. Erst nach mehrfacher Nachfrage hat sich unser weiblicher Guide hinter vorgehaltener Hand geäußert. Sie hat dann gesagt, dass sie sich eine positive Veränderung vom neuen Führer erhofft.

Konnten Sie mit der Bevölkerung in Kontakt treten?

Gröne: Uns war es gar nicht möglich, mit koreanischen Bürgern zu sprechen. Das war strikt untersagt. Allerdings kam es zu einer bemerkenswerten Situation. Zufällig waren wir während eines Nationalfeiertages dort. Die Menschen waren viel ausgelassener, auch betrunken. Ein Nordkoreaner kam auf mich zu und umarmte mich. Mein Freund schoss ein Foto. Nur Sekunden später kamen Aufseher angerannt. Sie zogen den Mann weg und er war verschwunden.

War während der Reise ein Blick hinter die Kulissen der Propaganda möglich?

Gröne: Wir konnten ein wenig den Alltag der Menschen miterleben. Der war extrem erschreckend. Das Volk wird so stark beeinflusst, dass man das Gefühl hat, in einer Parallelwelt zu sein. Ein Beispiel: An jeder Straßenkreuzung hängen Lautsprecher. Zur vollen Stunde erschallt ein Signalton. Dann bleiben alle Leute stehen, egal, wo sie sind, und hören sich fünf Minuten lang die Nachrichten an. Danach gehen sie weiter. Ein weiteres Beispiel ist der Drill des Nachwuchses. Nach der Schule wird von 12 bis 18 Uhr marschiert.

Würden Sie noch einmal nach Nordkorea fahren?

Gröne: Die erste Neugierde, das Land mal fassen zu können, ist gestillt. Ich habe mir aber vorgenommen, in fünf bis zehn Jahren noch einmal hinzufahren, um zu schauen, ob sich das Land dann etwas mehr liberalisiert hat. Ich glaube nicht, dass sich Nordkorea in unserer globalisierten Welt noch viel länger so abschotten kann.