Von Hamm in die Gemüsetheken
Benedikt Baum beliefert Aldi, Kaufland und Rewe in ganz Deutschland. Seine Pflanzen sind auf die Wünsche der Kunden spezialisiert.
Wenn Benedikt Baum vor einem Supermarkt zufällig einen der Pflanzenwägen sieht, die Tage vorher seine Gärtnerei verlassen haben, dann ist seine größte Freude: „Wenn sie leer sind.“ So könne er gewiss sein, „dass nicht nur wir die Pflanzen gut finden“, sagt der 33-Jährige. „Sondern auch die Kunden.“ Baum führt gemeinsam mit seinem Vater Wilhelm einen der größten Gartenbau-Betriebe der Stadt. Früher haben sie viel für Gartencenter und Blumengeschäfte gemacht, heute liegt der Fokus auf Großkunden: Aldi, Kaufland, Penny, Toom, in Deutschland, Österreich und der Schweiz – sie alle vertrauen auf Pflanzen von Baum.
An einem sonnigen Frühlingsmorgen steht der Unternehmer gemeinsam mit Roman Kall, der sich um die Abwicklung von „Aktionen“ kümmert, vor einer Spezialität des Hauses: Polsterstauden. Die Aldi-Tochter Hofer bewirbt in ihrem aktuellen Prospekt für Österreich und die Schweiz „Alpengarten-Stauden“ im Sechserpack, verschiedene Sorten, winterhart, inklusive Topf, für 6,49 Euro. Die Ware kommt frisch von Baums Feld, wird von (meist polnischen) Saisonarbeitern am Fließband kontrolliert, verpackt und dann auf Blumenwägen gestapelt. „1000 von denen gehen heute raus“, sagt Roman Kall. 700 nach Österreich, 300 in die Schweiz. Nur wenige Tage später stehen die Pflanzen dann auf Balkonen oder in Beeten von Zehntausenden Menschen.
Sobald die ersten Sonnenstrahlen kommen, fängt das Geschäft an zu blühen: „Ende Februar hatten wir die erste Werbung“, sagt Benedikt Baum – und meint eine der zahlreichen Verkaufsaktionen, die Supermärkte in ihren Prospekten anpreisen. Bis nach Ostern sind Polsterstauden besonders gefragt, weil sie einfach zu handhaben sind und sich wie ein kunterbuntes Kissen über dem Boden ausbreiten. Die gerade abgepackte Mischung aus Heidenelke, Steinbrech, Fetthenne, Blaukissen, Grasnelke und Felsensteinkraut wird als „Alpengarten“ beworben. Benedikt Baum verkauft es so: „Wer es einpflanzt, braucht nicht mehr in den Urlaub fahren.“
30 Hektar groß ist die Fläche, die der Gartenbaubetrieb an der Grenze zwischen Volmerswerth und Hamm bewirtschaftet. Das ist mehr Platz als auf dem Areal Böhler. 150 verschiedene Pflanzengattungen wachsen im Laufe des Jahres, der Großteil davon nicht im Gewächshaus, sondern auf freiem Feld. Das schont die Umwelt und sorgt in Zeiten von hohen Energiekosten auch für ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Denn es sei zwar alles teurer geworden, sagt Baum – die Löhne, der Dünger, der Strom. „Aber wir können unsere Kosten nicht eins zu eins weitergeben.“ Den Einkäufern von Aldi und Co. reicht die Inflation nicht als Argument, um höhere Preise zu akzeptieren. „Stattdessen müssen wir den Mehrwert klar nach vorne stellen. Denn für Artikel, die sich schlecht verkaufen, kann ich nicht mehr verlangen.“
Seitdem Benedikt Baum vor vier Jahren in die Leitung eingestiegen ist, hat das Unternehmen die pflanzlichen Produkte stetig an die Wünsche der Kunden angepasst. Hitzetolerante Stauden für den Sommer, vierblättriger Glücksklee im Dezember, zwischendrin Hortensien, Schleierkraut, Rhododendron oder Gartenorchideen.
Persönliche Verantwortung
ist für Baum zentraler Wert
Wie viel Umsatz oder Gewinn das Geschäft bringt, will Baum nicht verraten. Muss er auch nicht. Sein Vater und er haben eine GbR – also die einfachste Form einer Personengesellschaft. Das ist bei einem Betrieb, der zur Hauptsaison hundert Menschen beschäftigt, eher ungewöhnlich. Im Gegensatz zu einer GmbH haften sein Vater und er mit ihrem Privatvermögen. Lässt ihn das nicht schlechter schlafen? „Nein“, sagt Baum. „Es zeigt, wie überzeugt wir von unserer Sache sind.“
Persönliche Verantwortung ist für den Familienunternehmer ein zentraler Wert, der sich auch in der Produktion zeigt: „Nachhaltigkeit ist die größte Aufgabe für uns“, sagt Benedikt Baum. Ein paar Hebel für den Wandel hat er schon in Bewegung gesetzt: zum Beispiel beim Torf. Dessen Abbau zerstört in Hochmooren die Lebensräume vieler Pflanzen und Tiere, außerdem fehlt so ein wertvoller Speicher für das Treibhausgas CO2. Das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sieht vor, dass in Gartenbaubetrieben „bis zum Ende des Jahrzehnts ein weitgehender Verzicht von Torf stattfindet“.
Noch ist Baum aber auf den Rohstoff angewiesen, etwa beim Anbau von Hortensien oder Rhododendren. Denn das Material macht den Boden sauer und sorgt dafür, dass Luft und Wasser gut an die Wurzeln gelangen. Um Torf zu reduzieren, mischt Baum neuerdings Kompost in den Boden bei. Der wird containerweise aus einer nahe gelegenen Anlage angeliefert. Abbaubare Töpfe seien der nächste Schritt. „Irgendwann wollen wir klimaneutral sein“, sagt Benedikt Baum.
Trotz Photovoltaikanlagen auf den Dächern und teilweise elektrisch betriebenen Fahrzeugen sei das aktuell noch nicht möglich – aus wirtschaftlichen Gründen. „Das alles macht nur Sinn, wenn wir die Firma weiterhin finanzieren können.“