Unterstützung aus Düsseldorf Hilfe bewirkt viel in Czernowitz

Düsseldorf · Ob in Einrichtungen für Flüchtlinge oder Hilfe beim Reinigungsdienst – die Unterstützung aus der Landeshauptstadt kommt an.

Im ehemalige Tuberkolose-Sanatorium versorgt Doktor Amar Mardini eine Geflüchtete aus der Ostukraine.

Foto: Oleg Friesen

Am 10. März jährte sich die Städtepartnerschaft zwischen Düsseldorf und Czernowitz zum ersten Mal. Vom ersten Tag des Krieges an kam Hilfe aus Düsseldorf. Diese Hilfe ist sichtbar und die Menschen sind dankbar. Der Krieg scheint weit weg, doch Czernowitz ist stark von den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges betroffen: Soldatenbegräbnisse sind Alltag, Hunderttausende Binnenflüchtlinge kamen in Stadt und Region.

In einer Seitenstraße nahe des Stadtzentrums hält ein Wagen des kommunalen Reinigungsdienstes. „Düsseldorf hilft Czernowitz“ steht auf dem weißen VW-Bus. Daneben sind die Wappen der beiden Städte abgebildet. Es handelt sich um einen der Wagen, den Düsseldorf der Stadtverwaltung von Czernowitz übergab, um die Infrastruktur der Stadt in Kriegszeiten aufrecht erhalten zu können. „Ein wunderbares Auto“, sagt der Fahrer: „Natürlich sind wir dankbar dafür! Düsseldorf half uns von Anfang an“.

Die Arbeiter gehen ihrer Arbeit nach, Menschen spazieren im Nahe gelegenen Schewtschenko-Park um die gerade erblühten Magnolien zu finden. Doch dann ertönen die Luftalarm-Sirenen und erinnern daran, dass Krieg herrscht. Ljudmyla Ivanivna (82) wollte ihr Haus in der Region Donezk nicht verlassen. Erst, als ein russisches Artilleriegeschoss die Ziegel vom Dach riss, ließ sie sich von ukrainischen Soldaten zu einem Evakuierungspunkt bringen. „Ich bin doch so alt, wer braucht mich schon“, rief die Frau dabei. Sie landete im Czernowitzer Stadtteil Sadagora, wo ein ehemaliges Tuberkulose-Sanatorium zu einem Flüchtlingsheim umgebaut wurde. Bis zu 60 Menschen lebten zwischenzeitlich in dem Heim. Sechs Betten in einem Raum. Wolodymyr Malysch (31) ist lokaler Helfer und kümmert sich um die Verteilung humanitärer Hilfsgüter: „Aus Düsseldorf haben wir viel Kleidung erhalten. Das ist eine sehr große Hilfe, denn viele Menschen haben ihr ganzes Hab und Gut hinter sich lassen müssen.“

Zeitweise war jeder Dritte in
der kleinen Region ein Flüchtling

Es war auch die Hilfe und Anwesenheit von Helfern aus dem Ausland, die ihr zeigte, dass sie trotz ihres Alters eben nicht egal ist. In der Olha-Kobylianska-Straße hört man die russische Sprache oft, zeitweise war jeder Dritte in der kleinen Region Czernowitz ein Flüchtling. Cafés und Restaurants haben ihre Terrassen eröffnet. Das Nachtleben floriert wieder. Im Winter noch versank die Stadt infolge der russischen Angriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine im Dunkeln.

Oft begegnet man Männern und Frauen in Uniform. Vor allem auf dem Bahnhof spielen sich dramatische Szenen ab. Der dreißigjährige Vitalij (Name geändert) steht vor dem Zug in Richtung Kiew, von wo aus er weiter zu seinem Dienstort reisen wird. Er trägt Uniform und einen großen Rucksack. Seine Frau begleitet ihn. Sie weint und will ihn nicht aus den Händen lassen. Sie übergibt ihm ein Paket voller Essen, damit er die Fahrt einigermaßen übersteht.

Vitalij kommt aus einer Kleinstadt, 30 Kilometer von Czernowitz entfernt. Nach einem kurzen Urlaub kehrt er zu seiner Einheit zurück – glücklicherweise an einen ruhigeren Einsatzort an der russischen Grenze. Doch den Krieg, mit all seinen Schrecken, hat er erlebt. Man sieht es in seinen Augen. Trotzdem lächelt er seiner Ehefrau optimistisch zu, sie solle sich keine Sorgen machen: „Es gibt Kameraden, die auf Heimaturlaub nach Czernowitz kommen und sich darüber ärgern, dass viele Menschen hier so tun, als gäbe es gar keinen Krieg. Sie gehen in Bars und feiern. Dabei freue ich mich persönlich darüber. Schließlich ist es das, wofür wir kämpfen – damit die Menschen hier normal leben können“, erzählt Vitalij. Die Lage an der Front sei schlimm genug, das brauche er nicht auch noch auf seinem Heimaturlaub: „Ich durfte mich hier etwas daran erinnern, was Frieden bedeutet. Frieden, für den wir alle beten.“

Soldatenbegräbnisse sind Alltag. Viele Soldaten aus der Region Czernowitz sind an der Front. Viele von ihnen sind bereits gefallen. An die gefallenen Söhne der Stadt erinnern Plakate, mit ihren Gesichtern und Namen. Manche Gefallene sind jünger als 20. Die Gefallenenzahlen sind Kriegsgeheimnis, aber wer den offiziellen Nachrichtenkanälen der Regionsverwaltung folgt, sieht fast täglich Ankündigungen von Begräbnissen gefallener Soldaten.

Oleksiy Bojko (40), Chef der Gebietsverwaltung, sprach unlängst in einem Interview von Gemeinden, die seit Kriegsbeginn bis zu 49 gefallene Bewohner bestatten mussten. Eine hohe Zahl für die Region Czernowitz, mit ihren weniger als einer Million Einwohnern. Jeder Verlust ist verbunden mit dem ungeheuren Leid der Angehörigen. „Niemand hier wollte diesen Krieg“, sagt Vitalij: „Aber wir haben keine andere Wahl, wir wurden angegriffen. Wir müssen kämpfen, wir müssen die Russen aus dem Land jagen, sonst richten sie hier dasselbe an, wie in Butscha!“