Wieder eine Sammlung weg
Axel Haubrok geht nach Berlin: Zum zweiten Mal in diesem Jahr verlässt eine wichtige Kollektion moderner Kunst die Landeshauptstadt.
Düsseldorf. Schock für Düsseldorf: Noch vor der Quadriennale, bei der sich die Stadt als Avantgarde-Zentrum präsentiert, packt Axel Haubrok seine Kunstkisten, gibt auch den Firmensitz im Medienhafen auf - und zieht nach Berlin. Nachdem das Ehepaar Gaby und Wilhelm Schürmann seine Pläne beerdigt hat, mit seinen Schätzen am Rhein vor Anker zu gehen, ist dies die nächste Hiobsbotschaft.
Haubrok nimmt rund 500 Werke und eine kostbare Stiftung mit. Das ist umso erstaunlicher, als er sich enorm für Düsseldorf engagiert hat. Er saß in der Findungskommission für die Leitung der NRW-Kunstsammlung und hat im museum kunst palast ausgestellt.
Haubrok kauft auf internationalem Niveau ganze Räume. Berühmt ist das "Schlafzimmer" von Gregor Schneider, für das der Mönchengladbacher Künstler auf der Biennale von Venedig den Goldenen Löwen und damit die höchste internationale Auszeichnung erhielt. Haubrok bezeichnet es als eine "mobile Immobilie", die sehr persönlich und intim sei. Im Museum Abteiberg war die "Schwulenbar" von Elmgreen & Dragsett mit ihren zur Wand gedrehten Zapfhähnen zu sehen. Im Düsseldorfer Ehrenhof hing der "F16"-Bomber als Flugzeug-Attrappe des Schweizer Künstlers Christoph Büchel von der Decke. Das Werk ließen die Amerikaner in China bauen, um im Krieg damit die Gegner zu irritieren.
Und warum nun der abrupte Abgang in die Bundeshauptstadt? Haubrok nennt zwei Gründe: "Mich hat hier niemand ernst genommen. Die Museumsleute finden mich komisch und meine Werke abstrus. Meine Kunst ist so wie ich: radikal, nicht lieblich und nicht handlich."
Der Hauptgrund, weshalb er die Landeshauptstadt verlasse, klingt wie eine Ohrfeige, wenn er im WZ-Gespräch sagt: "Kunst ist für die Kulturverantwortlichen der Stadtverwaltung lediglich ein Standort-Faktor. Sie ist aber nicht nur fürs Marketing erfunden. Es geht nicht darum, sich damit zu schmücken. Kunst hat etwas mit Geist und mit Qualität zu tun."
Sein konkreter Vorwurf: "Wenn sich Düsseldorf als Art-City zeigen will, dann wird alles gesucht, was dazu beiträgt, und das ist eine leicht verdauliche Kunst. Mit marketingfähigen Kuratoren. Da wird nichts passieren, was Düsseldorf wieder in den Mittelpunkt der Welt rückt. Dazu müssen andere Leute die Verantwortung übernehmen."
Haubrok sieht leuchtende Beispiele in anderen Städten. Er nennt Kasper König für Köln, wo sich die Bürger mit "ihrem" Museum identifizieren, Chris Dercon für München und demnächst für London, Yilmaz Dziewior für Bregenz. Das seien Leute mit großen Ideen und dem Mut, gegen den Stachel zu löcken. Solche Direktoren hätte man hier gebraucht.
Nachdem Marion Ackermann zur Nachfolgerin von Armin Zweite gewählt worden war, trat Haubrok aus der Findungskommission aus und bot seine Stiftung am Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff vorbei den Berlinern an. Haubroks Urteil über die Akteure: "Die einzig wirklich wichtige Person ist in meinen Augen die Sammlerin und Mäzenin Julia Stoschek."
Die 13 bedeutendsten seiner 500 Arbeiten sind auf die gemeinnützige Stiftung, die Haubrok Foundation, übertragen und gehen an ein renommiertes Museum, dessen Namen Haubrok noch nicht verrät. Schon jetzt schwärmt er von seiner neuen "Heimat", wegen der Museen, der Künstler und der Galeristen.
“ Kommentar S. 16