Hauptrundensieger ausgeschaltet Wie Ex-DEG-Trainer Hansson die Play-offs in Schweden aufmischt

Düsseldorf · Die Amtszeit von Roger Hanson als Eishockeytrainer bei der Düsseldorfer EG war nur von kurzer Dauer. Mittlerweile arbeitet der 56-Jährige bei seinem Heimatklub Rögle – und schreibt dort eine nicht zu erwartende Erfolgsgeschichte.

Stand bei der Düsseldorfer EG in der Saison 2022/2023 hinter der Bande: Roger Hansson.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Ein Eishockeytrainer wird bei einem Klub im Ausland nach nur einem Jahr vor die Tür gesetzt und kehrt daraufhin als Assistenzcoach zu jenem Verein zurück, wo einst seine Profi- und Trainerkarriere startete. Nach nur wenigen Monaten im vertrauten Umfeld löst er den Cheftrainer ab, führt die Mannschaft noch in die Play-offs, übersteht die erste Runde und wirft anschließend im Viertelfinale sensationell den Hauptrundenersten mit vier Siegen in Folge raus.

Was sich wie ein kitschiges Drehbuch liest, ereignete sich in den vergangenen Wochen tatsächlich so in der Swedish Hockey League (SHL) – genauer gesagt beim Rögle BK. In der Hauptrolle ein alter Bekannter aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL): Roger Hansson. Der 56-jährige Schwede führte die Düsseldorfer EG in der vergangenen Saison ins Play-off-Viertelfinale, wurde nach einer 1:4-Serienniederlage gegen Ingolstadt jedoch vorzeitig von seinen Aufgaben als Chefcoach entbunden.

Zwar hatte er die Saisonziele erreicht, doch die Art und Weise auf dem Weg dorthin missfiel den Verantwortlichen um Manager Niki Mondt. Er sei „zu der Erkenntnis gekommen, dass unsere Leistungen nicht immer so zufriedenstellend waren wie die Ergebnisse beziehungsweise unsere Punktausbeute und der Tabellenplatz“, hieß es damals in der Vereinsmitteilung. Auch aus Spielerkreisen war zu hören, dass Hansson ein absoluter Fachmann sei, aber vielleicht etwas zu lieb für den Job als Cheftrainer.

Unter anderem wurden ihm viele verspielte Führungen im Laufe der Saison sowie ein mitunter passives Coaching während kritischer Phasen zum Verhängnis. Auch in Sachen Torschüsse und Puckbesitz gehörte die DEG unter Hansson zu den schwächeren Teams der DEL. Dennoch schaffte er den Sprung in die Play-offs. Das gelang seinem Nachfolger Thomas Dolak nicht – auch weil die Düsseldorfer eine Saison zum Vergessen erlebten; mit Verletzungen und Formverlusten von Schlüsselspielern sowie Fehlentscheidungen auf der sportlichen und administrativen Ebene. Zuletzt wurden finanzielle Probleme beim achtmaligen Deutschen Meister publik, deren Auswirkungen zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht wirklich absehbar sind.

Für Hansson sind solche Sorgen aktuell ganz weit weg, aber auch er erlebte bei Rögle in dieser Spielzeit turbulente Phasen. So wie im Dezember, als Cheftrainer Cam Abbott und Sportchef Chris Abbott nach drei Niederlagen in Folge und dem Sturz aus den Play-off-Rängen entlassen wurden. Die letzte Zeit sei sportlich sehr schwierig gewesen, „wir haben nicht den Austausch erhalten, den wir uns gewünscht haben. Deshalb haben wir das Gefühl, dass wir eine Veränderung vornehmen müssen“, wurde Rögles Vereinsdirektor Daniel Koch damals in der Klubmitteilung zitiert. „Es ist traurig, eine solche Entscheidung treffen zu müssen, aber wir sind der Meinung, dass dies der richtige Weg für den Verein ist.“

Auf Hansson und sein Team warten die Växjö Lakers

Die Gebrüder Abbott hatten zuvor sieben Jahre im Nordwesten Schwedens gewirkt – und das überaus erfolgreich: Unter anderem führten sie den Klub aus der Kleinstadt Ängelholm 2021 ins SHL-Finale, ein Jahr später gewannen sie sogar die Champions Hockey League. Entsprechend groß sind die Ambitionen und Ansprüche bei dem Klub, bei dem auch bereits mehrere Deutsche spielten. Alexander Barta und Felix Schütz zum Beispiel, in der jüngeren Vergangenheit holten sich Dominik Bokk oder Moritz Seider bei Rögle den Feinschliff, ebenso der Österreicher Marco Kasper. Selbstredend gab es auch immer wieder schwedische Toptalente wie William Nylander, heute ein Star bei den Toronto Maple Leafs. Dass es junge Spieler von Rögle aus in NHL schaffen, ist längst keine Seltenheit mehr.

Eine der größten Vereinslegenden dort heißt Roger Hansson. Er wird auf Rang fünf der ewigen Scorerliste geführt, mit 332 Punkten in 309 Spielen. Auch nach seiner aktiven Karriere blieb er dem Klub treu, war erst Manager, Jugendtrainer und in diversen Rollen bei den Profis. Zuletzt war Hansson von 2017 bis 2019 Assistenztrainer unter den Abbotts, ehe es ihn über den EV Zug zur DEG und schließlich wieder in die Heimat zog. Zunächst abermals als Co-Trainer, aber im Dezember stieg er dann zum Chef auf.

Und was zunächst als Interimslösung begann, entpuppte sich mit der Zeit als ein Glücksgriff. Für Hansson und Rögle. Zugegeben, die Bilanz aus den verbliebenden Hauptrundenspiele war mit 13 Siegen und 14 Niederlagen nicht wirklich spektakulär, doch seit dem 5. März und der 1:2-Heimpleite gegen Leksands IF haben die Grün-Weißen nicht mehr verloren. Bedeutet auch: Alle Play-off-Spiele gingen bislang an Rögle.

Zunächst wurde in der ersten Runde Timra, das die Hauptrunde mit zehn Punkten mehr als der RBK abschloss, in zwei Spielen (4:1, 3:2) eliminiert. Im Viertelfinale gelang gegen Färjestads BK dann eine kleine Sensation: ein glatter 4:0-Seriensieg als Tabellenneunter gegen den Hauptrundenmeister. Nun wartet auf Hansson und seine Mannschaft am kommenden Freitag im Halbfinale der amtierende Meister Växjö Lakers.

Ob sich auch Victor Svensson die Halbfinalserie in seiner schwedischen Heimat ansehen wird, ist nicht bekannt, dafür wartete der scheidende Stürmer der DEG zuletzt mit einem bemerkenswerten Statement in den sozialen Medien auf. Dort verabschiedete er sich nicht nur nach fünf Jahren von den Düsseldorfer Fans, sondern gratulierte am Ende auch seinem ehemaligen Coach zum Halbfinaleinzug, versehen mit der Bemerkung: „Vielleicht ist es keine schlechte Idee, manchmal auf den Prozess zu vertrauen…“ Ein kleine, aber feine Spitze, adressiert an die Sportliche Führung der DEG. Die sieht nach jetzigem Stand sportlich schweren Zeiten entgegen, während Hansson weiter fleißig an seinem Drehbuch schreibt. Mit einem möglichst kitschigem
Happy End.