Gregor Guskis Fotobuch „Die Szene“ Jeder von seiner besten Seite

Düsseldorf · Für sein Buch „Die Szene“ lichtete der Fotograf Gregor Guski 94 Künstler in ihren Ateliers ab. Er hat die Porträtierten verführt, ihr Innerstes preiszugeben.

Wie ein Arzt an seinem Objekt: der Künstler Daniel Nehring, fotografiert von Gregor Guski.

Foto: Gregor Guski

„Die Szene“ nennt Gregor Guski sein Fotobuch, das sich den Künstlern der jüngeren und mittleren Generation aus Düsseldorf widmet. Es macht Spaß, darin zu blättern, denn die Porträtierten zeigen sich in der Regel von ihrer besten Seite. So wollen sie gesehen sein. So möchten sie sein. Er hat sie fast alle über Instagram kennengelernt.

Die sozialen Medien sind längst zur Kontaktbörse geworden. Guski kam als Fremder in die Stadt. Er wurde 1981 im früheren Ostpreußen als Sohn eines Deutschen und einer Polin geboren, studierte multimediale Kommunikation mit dem Schwerpunkt auf der Fotografie und kam gut ausgerüstet 2008 mit 27 Jahren nach Deutschland. Er kannte sich in der analogen wie der digitalen Fotografie aus, hatte die klassische Methode der Bildgestaltung gelernt und jobbt seitdem, indem er die Werke von Künstlern abfotografiert. Die ersten zaghaften Schritte, nicht nur die Werke, sondern auch die Künstler mit der Kamera festzuhalten, stammen von 2011. Im Jahr 2018 begriff er die Chance der sozialen Netzwerke und legte los.

Wer die abgebildeten Maler, Fotokünstler und Bildhauer kennt, ist erstaunt, wie offen sie ihr Inneres preisgeben, wie genau sie wissen, wie sie gesehen werden wollen. Antonia Freisburger inszeniert sich als berühmte Malerin, gestylt als schöne Dame. Mit einem selbstsicheren Blick stellt sie sich der Öffentlichkeit. Erstaunlich ist, wie Dominik Geis, der im normalen Leben extrem zurückhaltend ist, nun plötzlich im Adamskostüm auftaucht. Guski hüllt den schönen Jüngling mit dem Römerkopf in dessen eigene gefundene Antikenfotos ein, indem er sie auf seinen Körper und damit zugleich gegen die Wand projiziert. So entsteht eine perfekte Inszenierung.

Natürlich hat jeder Künstler beim Ablichten im Sinn, dass er sich vorteilhaft präsentiert. So sitzt Denise Werth auf einem Designerstuhl und himmelt ihr eigenes Objekt an. Genialisch gibt sich Matthias Grotevent, indem er in seinem eigenen Rahmen Platz nimmt. Inessa Emmer mimt die Macherin, umgeben auf dem Sofa von unzähligen Schablonen, mit denen sie ihre Blätter bedruckt. Noch klarer lässt Alexander Föllenz durchblicken, wie sehr er als Künstler der Gegenwart immer auch Manager seiner selbst ist. Der 3-D-Bildhauer gibt sich als Bürochef zu erkennen, der in seinem nagelneuen, piekfeinen Arbeitsraum am Computer sitzt, während vor ihm einige ausgedruckte Exemplare aufgereiht sind.

Wer die Kunst des Inszenierens beherrscht, kommt besonders gut heraus. Daniel Nehring gehört dazu. Guski stieß auf acht Lampen in seinem Atelier, die ideale Ausstattung für die Aufnahme. Der Medienkünstler steht nun im Rahmen der Lichtobjekte, hat vor sich einen ausgedruckten Kunststoffarm und trägt einen Kittel, um wie ein Arzt an seinem Objekt zu werkeln. Meisterhaft ist auch Dora Celentano ins Bild gebracht, als mehrfach überblendete Figur, die an einer Wandtapete hantiert, während der Fotograf sein Motiv durch eine sich spiegelnde Fensterscheibe aufnimmt. Das Künstlerduo Hedda Roman lässt sich gar im Triptychon ablichten, er kniend vor dem Apparat, sie den nächsten Rahmen nähend und beide in ihrer eigenen Komposition festgehalten, real und nur im Gesicht mithilfe künstlicher Intelligenz verändert.

Manche Szene-Leute machen das Spiel nicht mit. Die Gursky-Schülerin Alex Grein sitzt einfach auf einem weißen Sideboard, neben sich einen beschrifteten Schiebeschrank, der indirekt darauf verweist, wie viele Werke sie schon geschaffen hat. Ganz simpel vor seinen wunderbaren Werken steht Ryo Kinoshita und lässt die Bilder sprechen. Das gilt auch für Joseph Sracic, der keinen Taucheranzug wie Aurel Dahlgrün braucht, sondern vor einer gelben Kachelwand eine gute Figur macht. Guskis Bilder werden immer besser, je jünger sie sind, denn inzwischen begreift der Fotograf, dass ein Künstlerporträt mehr ist als eine Werbeaufnahme von Instagram.