Frau Butterbrod, im Vorwort Ihres Buches „Das ist Freiheit für mich“ bekennen Sie, selbst eigentlich prüde zu sein. Wieso schreiben Sie dann ausgerechnet ein Buch über „Frauen und der Sex, der ihr Leben veränderte“?
Interview „Ein Appell für mehr Offenheit“
Krefeld. · In Anna Butterbrods Buch „Das ist Freiheit für mich“ geht es um Frauen, die Sex-Kontakte über ein Internet-Portal suchen.
Die aus Krefeld stammende Journalistin und Autorin Anna Butterbrod hat ein Buch über Frauen geschrieben, die Sex-Kontakte über ein Internet-Portal suchen. Mit der WZ hat die Wahl-Münchenerin darüber gesprochen, wie es dazu gekommen ist.
Anna Butterbrod: Ich habe mich gefragt, was das eigentlich für Menschen sind, die online nach Sexpartnern suchen. Und ich gebe zu, dass ich selbst diese Frauen vorher in bestimmte Schubladen gesteckt habe. Als ich dann persönlich mit ihnen gesprochen habe, merkte ich, dass es totaler Quatsch ist, was da so in unseren Köpfen herumschwirrt. Wenn ich da allein an die Rentnerin Maria denke: Die ist ein großes Vorbild für mich geworden. Sie hat in ihrem Leben viel mitgemacht, sich aber aus jeder Krise heraus gekämpft. Und jetzt ist sie 72 Jahre alt, lebensfroh und nimmt sich, was sie will. Bewundernswert.
Das Buch ist in Zusammenarbeit mit einer Plattform für erotische Treffen entstanden. In welcher Form hat es Sie bei der Arbeit unterstützt?
Butterbrod: Mir wurde von secret.de der Kontakt zu den insgesamt zwölf Frauen vermittelt, mit denen ich gesprochen habe. Sie kommen aus ganz Deutschland und sind im Alter zwischen 27 und 72 Jahren.
Wie lange haben Sie jeweils mit ihnen gesprochen?
Butterbrod: Die Einzelgespräche, die ich im Vorjahr aufgezeichnet habe, dauerten jeweils mehrere Stunden. Das Ganze war sehr intim, aber auch bizarr. Denn ich selbst rede nicht einmal mit meiner besten Freundin über Sex. Das geht, so glaube ich, vielen Menschen so. Was ja total merkwürdig ist, wenn man bedenkt, wie stark uns das Thema Sex umgibt, so zum Beispiel in der Werbung. Sex sells – aber im Alltag redet man wenig darüber.
Die Gespräche jetzt liefen aber sehr offen?
Butterbrod: Ja, das hat super funktioniert. Die Frauen waren offen, ich musste keiner die Antworten aus der Nase ziehen. Und wir haben viel gelacht. Die Geschichten, die sie mir erzählt haben, sind alle echt, sind alle so passiert. Das Ganze ist auch ein Appell für mehr Offenheit.
Sie lassen die Frauen konsequent aus der Ich-Perspektive erzählen. Warum haben Sie sich dazu entschlossen? Geht da nicht notwendige Distanz verloren?
Butterbrod: Für mich war es von Anfang an klar, aus der Ich-Perspektive zu schreiben. Ich wollte ein Tor zu einer Welt öffnen, die für viele fremd ist. Und es sollte ein Abenteuer sein, das Buch zu lesen. Das funktioniert aus meiner Sicht mit Distanz nicht. Man sollte in die Haut der Frauen schlüpfen können, aus deren Sicht ich die Geschichte erzähle.
Was haben Sie für sich selbst aus den Gesprächen mitgenommen?
Butterbrod: Ich habe die Erkenntnis mitgenommen, dass man mehr Toleranz an den Tag legen sollte, in vielen Lebensbereichen. Statt alles sofort in irgendwelche Schubladen zu stecken, sollte man sich besser selbst ein Bild machen. Und ja, ich bin durch den Kontakt zu den Frauen auch in sexueller Sicht viel toleranter geworden: Alles ist in Ordnung, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind.
An wen richtet sich das Buch: an Frauen oder an Männer?
Butterbrod: (lacht) An beide. Es ist doch sicher auch für Männer total spannend, einmal in Frauenköpfe gucken zu können und von ihren geheimen Vorstellungen und Wünschen zu erfahren.