Ermittler filzen Professoren-Büro
Verdacht: Ein Dozent soll unter anderem Fördergelder missbraucht und Diplomarbeiten verkauft haben.
<strong>Krefeld. Punkt 10 Uhr hat die Hochschule Niederrhein an der Reinarzstraße am Donnerstag seltenen Besuch bekommen: Polizei und Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Unterlagen und Computer-Festplatten im Büro eines Maschinenbau-Professors. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, Fördergelder missbraucht und Diplomarbeiten von Studenten verkauft zu haben. Zudem soll er Studenten an anderen Stellen als in den Förderprogrammen vorgesehen eingesetzt und mit einer ganzen Latte ungenehmigter Nebentätigkeiten Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.
Verdacht gegen den Dozenten besteht bereits seit Monaten
Staatsanwalt Hans Dieter Menden bestätigt gegenüber der WZ die Durchsuchung: "Die Vorwürfe sammelten sich im Laufe von Monaten." Auch bei Maschinenbau-Unternehmen in Krefeld, Kempen, Willich, Moers und anderen Städten suchen die Ermittlungsbehörden nach Unterlagen.
Ein Disziplinarverfahren innerhalb der Hochschule ist bereits vor geraumer Zeit eingeleitet worden, sagt Sprecher Rudolf Haupt. Von einer Suspendierung hat Hochschulrektor Professor Hermann Ostendorf bisher abgesehen. "Das wäre die äußerste Konsequenz am Ende des Disziplinarverfahrens", erklärt Haupt. Der beschuldigte Dozent könne deshalb normal weiterarbeiten. Die interne Untersuchung laufe parallel zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.
Wie Haupt weiter sagt, habe die Hochschule die Ermittlungen selbst ins Rollen gebracht. "Es gab den Verdacht auf Unregelmäßigkeiten. Deshalb haben wir die Staatsanwaltschaft informiert." Die habe bisher sehr diskret ermittelt. Bis Donnerstag.
Missbraucht haben soll der Dozent vor allem Fördergelder der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) in Köln und aus einem Programm "Pro-Inno II" des Bundeswirtschaftsministeriums, das der "Erhöhung der Innovationskompetenz mittelständischer Unternehmen" gilt - und zwar in Deutschland. Der Hochschullehrer wird verdächtigt, die Ergebnisse aber nach Asien verkauft zu haben.
Der angenommene Schaden lässt sich bislang noch nicht beziffern. Wahrscheinlich liegt er aber in einer Größenordnung von mehreren hunderttausend Euro.
Untersucht wird auch die Handhabung von Drittmittel-Verträgen mit Unternehmen wie etwa einer Kempener Maschinenfabrik. Sie soll bei dem Professor Entwicklungsarbeiten in Höhe von rund 200000 Euro in Auftrag gegeben haben. Ob der Vertrag überhaupt abgeschlossen werden durfte, wird geprüft.
Schon im Sommer hatte sich eine Staatsanwältin mit den Vorwürfen gegen den Hochschullehrer befasst. Dabei konzentrierte sie sich unter anderem auf den nicht erlaubten Verkauf von Diplomarbeiten an ein Unternehmen in Willich und die Bezahlung von Diplomanden aus Projektmitteln, die anderweitig einzusetzen waren.
Fördermittel: Der Hochschuldozent steht im Verdacht, insbesondere Gelder der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF), Köln, falsch verwendet zu haben.
Arbeitsgemeinschaft: Die AiF fördert Forschung und Entwicklung zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen. Als Träger der industriellen Gemeinschaftsforschung und weiterer Förderprogramme des Bundes setzt sich die AiF für die Leistungsfähigkeit des Mittelstandes ein.