"Bahman-Bagdad": Welt der seltsamen Zeichen

Die Uraufführung in der Fabrik Heeder lässt den Zuschauer ratlos zurück. Doch das muss ja nichts Schlechtes heißen.

Krefeld. Die Welt auf der Bühne ist fremdartig, die Zeichen und Symbole, die wir kennen, sind wenig wert. "Bahman-Bagdad" zu sehen, ist wie zielloses Blättern in einem Buch, das in unbekannter Schrift verfasst ist. Die fremde Sprache und die seltsamen Zeichen faszinieren, doch Zusammenhänge begreift man nur hier und da. Das große Ganze bleibt verborgen.

Das Stück von Shabnam Tolouei und Amir Aghaee spielt in Teheran, der Heimat der Autoren. Im Iran wurde es von der Zensur verboten - wie gewohnt ohne Angabe von Gründen. In der Fabrik Heeder erlebte es am Sonntag seine Uraufführung. Der lange Applaus am Ende konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass große Teile des Publikums ratlos zurückblieben.

Das muss nichts Schlechtes heißen. Wer ratlos ist, fängt immerhin an sich Fragen zu stellen. Erwartbares, das unsere Vorurteile und Hoffnungen bloß bestätigt oder enttäuscht, gibt es am Theater zur Genüge. "Bahman-Bagdad" ist neu und anders.

Die erste Hälfte stellt sich sperrig und öde in den Raum, als müsse das Publikum ob der langen Reise in eine fremde Kultur erst mal einen schweren Jet-Lag überstehen. Eine Frau (Esther Keil) betritt eine ihr fremde Wohnung, heimisch wird sie dort nicht. Die Geräusche der Straße schwappen zu ihr herein, der Ruf des Muezzins, Lärm, Streit und laute Autoradios. Das nächtliche Licht der Großstadt und die grellen Sonnenstrahlen drängen sich ins Zimmer. Sie kann nicht schlafen. Zu allem Überfluss klingelt ständig ein Nachbar (Ronny Tomiska) an der Tür, der nur durch ihre Wohnung in seine Abstellkammer gelangt. Er entschuldigt sich, doch was hilft das?

Die Diskrepanz zwischen privat und öffentlich in islamischen Ländern wird in diesen Szenen deutlich. Yalda, die Frau, bewegt und kleidet sich anders, wenn Hamed im Raum ist, er vermeidet direkten Blickkontakt. Diszipliniert haben die Schauspieler diese fremden Normen verinnerlicht. Die behutsame Annäherung ihrer beiden Charaktere gestalten Keil und Tomiska dennoch glaubhaft. Zurückgenommen, beinahe zaghaft ist ihr Spiel, als müssten sie sich selbst an diesen ungewohnten Stoff herantasten.

Auch im zweiten Teil, an dessen Ende zwei weitere Figuren das strenge Kammerspiel durchbrechen, bleibt das Stück in der verschachtelten, grauen Wohnung gefangen (Bühne: Teresa Hahn). Wer etwas über das Land draußen vor dem Fenster erfahren will, muss genau hinhören. Unvermittelt tauchen im Gespräch bizarre Metaphern auf, die mit Waffen und Blutvergießen zu tun haben. Das unschuldige Kinderspiel Gummitwist symbolisiert ein Minenfeld, Hameds launiges Pfeifen entpuppt sich als Imitation von Raketeneinschlägen.

Zwischen Betroffenheit und Spott, Gewalt und Ironie weiß man oft nicht recht, ob man lachen oder weinen soll. In Teheran wäre die Sache vermutlich klar.

Termine: 9., 10., 16., 20. Oktober sowie November, Dezember und 2011. Karten unter Ruf 805 125.