Vandalismus Deuß-Tempel mit Farbe beschmiert – nicht zum ersten Mal in diesem Jahr
Krefeld · Die Zahl der Sachbeschädigungen ist laut Stadt deutlich gestiegen. Mit Straßenkunst hat das nichts zu tun.
Über Kunst lässt sich trefflich streiten. Und über Graffiti erst recht. Doch was Künstler wie Naegeli, Banksy oder auch die Krefelder Lokalmatadoren „Tubuku“ und „betont.es“ in den Adelsstand der Wandmalerei gehoben haben, hat nichts mit den Schmierereien zu tun, die in Krefeld derzeit überhand nehmen. Gerade erst war der Deuß-Tempel im Stadtwald für etwa 4500 Euro gereinigt worden, da meldete Angelika Brünsing, CDU-Bezirkspolitikerin in Ost, dass der Ausflugspunkt am Weiher nun über und über mit weißer Farbe beschmiert worden ist.
Schmierereien gelten als Sachbeschädigung
„Zu erkennen ist eine deutliche Steigerung zum Vorjahr“, erklärt Pressesprecher Manuel Kölker. Waren es in 2019 insgesamt 103 sogenannte Sachbeschädigungen durch Graffiti, sind es alleine bis zum Oktober in diesem Jahr bereits 149, und das Jahr ist noch nicht ganz um. „Die fremdenfeindlichen Schmierereien sind darin nicht mitgezählt“, so Kölker. Eine kriminalistische Erklärung gebe es dazu nicht. Und es allein auf Corona zu schieben, greife auch zu kurz. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres waren mehr Schmierereien zu beobachten als im Vorjahr. Mit dem ersten Lockdown gingen die Zahlen sehr stark zurück, obwohl gleichzeitig auch viel weniger Menschen im Stadtgebiet unterwegs waren, die die Sprayer hätten stören können.
Der Kommunalbetrieb hat inzwischen ein neues Angebot für die Reinigung des Deuß-Tempels eingeholt, das mit der Unteren Denkmalbehörde abgestimmt ist. Die Reinigung erfolgt über eine Wasserdruckreinigung mit geringem Zusatz von Glasstaub. Eine zusätzliche Schutzbeschichtung, wie sie häufig bei Wohn- und Bürogebäuden von Fachleuten empfohlen wird, sei beim Deuß-Tempel laut der Stadt nicht nötig: „Der Muschelkalk ist durch Karbonatisierung hart genug; eine Schutzubeschichtung nur bei weicherem Stein sinnvoll.“
Welche Kosten der Stadt durch die Beseitigung der Schmierereien jährlich entstehen, lasse sich laut Kölker nicht ermitteln. Sie werden über die Unterhaltung abgerechnet. Eine separate Auflistung erfolge nicht.
Häufig würden auch Stromkästen, Postkästen und Haltestellenbereiche besprüht oder beschmiert, die im Besitz von SWK, NGN und Post sind. Die sind inzwischen teils dazu übergegangen, ihre Kästen von ernstzunehmenden Graffiti- oder Gestaltungskünstlern bemalen zu lassen. Alex Weigandt und Jaroslaw Masztalerz von Tubuku haben schon etliche Strom- und Postkästen verwandelt; Reno Müller hat die Schaltkästen am Bismarckplatz mit historischen Fotos beklebt, und das Künstlerduo Clemens Brück und Sebastian Saffenreuter von „betont.es“ haben die Wände vom Stadtmarkt kunstvoll bemalt. Und da es einen Ehrenkodex unter „Graffiti-Fans“ gibt, nicht das Kunstwerk eines anderen zu übermalen, bleiben diese ganzen Flächen weitestgehend frei von Schmierereien.
Erwachsenen kann Haftstrafe bis zu drei Jahren drohen
Die Polizei in Krefeld und der Kommunale Ordnungsdienst haben diese Problematik im Stadtgebiet im Blick. Hin und wieder schnappen sie solche Sprayer auf frischer Tat – und das kann teuer werden. Erwachsenen droht bei „Verändern des Erscheinungsbildes einer Sache“, so die juristische Umschreibung, eine Geldstrafe bis hin zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe. Ist die „Veränderung gemeinschädlich“, sind bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe drin. Im Jugendstrafrecht hingegen reicht der Strafkatalog von Ermahnungen über Weisungen und Arreste bis hin zur Jugendstrafe (graffitianwalt.de).
Angelika Brünsing schlägt vor, Video-Kameras am Deuß-Tempel zu installieren, um die Täter schnappen zu können und Beweise zu haben. Aber so einfach ist Videoüberwachung im öffentlichen Raum nicht. Nicht nur Datenschützer sehen das kritisch. Die Polizei kann in Nordrhein-Westfalen nur eine Videoüberwachung einzelner öffentlich zugänglicher Orte durchführen, soweit es sich um sogenannte Kriminalitätsschwerpunkte handelt. Im 1913 erbauten und im Jahr 2008 restaurierten Deuß-Tempel beobachten die Besucher friedlich aber eher die Tretboote und Enten auf dem Weiher; und hin und wieder küsst sich dort auch das eine oder andere Paar.