Vom Flüchtling zum Starzeichner

Der Iraner Mehrdad Rashidi verließ 1983 sein Heimatland und lebt heute in Deutschland. Hier hat er die Liebe zur Kunst entdeckt.

Foto: Nicole Marschall

Erkrath. Vor rund zehn Jahren begann Mehrdad Rashidi zu zeichnen. Seither ist vor ihm kein Stück Papier mehr sicher: Der aus dem Iran stammende Erkrather zeichnet auf allem, was ihm unter den Kugelschreiber kommt: Briefumschläge, Eintrittskarten, Lebensmittelverpackungen, Flyer, alte Buchseiten und -cover und sogar leere Kartons einer bekannten Burger-Kette wurden schon seine „Leinwand“. Mit seinen intuitiven, aus dem Bauch heraus entstandenen Werken, die immer wieder Gesichter zeigen, hat er es bereits unter anderem nach Paris, London, Miami und New York geschafft. Der Londoner Galerist Henry Boxer erkannte früh das Potenzial, das Rashidi inzwischen einen Namen in der Szene der „Outsider“-Künstler (auch bekannt als „Art Brut“) verschafft hat.

Mehrdad Rashidi, Künstler

Vor zwei Jahren wurde der Autodidakt in Belgrad auf der 16. Biennale of Naiv and Marginal Art mit einem Preis ausgezeichnet. Seither lädt ihn das serbische Museum für Naive Kunst jedes Jahr zu einem Workshop ein, an dem Outsider-Künstler aus der ganzen Welt teilnehmen. Einige von ihnen dürfen anschließend, ihre während des Workshops entstandenen, Arbeiten in einer Ausstellung präsentieren. So waren im November viele neue Zeichnungen Rashidis wieder in Serbien zu sehen. Zu den präsentierten Werken hat das Museum einen dreisprachigen Katalog herausgegeben. Besonders stolz ist der Erkrather, dass seine Werke darin erstmals auch in deutscher Sprache gewürdigt werden — wenn auch in der Übersetzung des Titels „Zeichnung als Gebet“ das Z unter die Räder gekommen ist.

„Ich wusste, irgendwann kommen auch gute Tage“, erzählt der Künstler, der seit 2004 allein erziehender Vater zweier heute 14 und zwölf Jahre alten Kinder ist. „Ich dachte zwar nie, dass ich berühmt werde, aber dass irgendetwas Positives passieren wird. Und ich bin mir sicher, dass noch bessere Tage kommen werden“, sagt er zuversichtlich. Anfang des Jahres will er eine eigene Galerie in Düsseldorf eröffnen. Geplant war dieser Schritt ursprünglich schon für Oktober 2014. Doch obwohl er bereits viel Geld investiert hatte, musste er den Plan, in eigenen Räumen auch anderen Künstlern eine Ausstellungsmöglichkeit zu geben, erst einmal aufgeben. Nun hat er neue Räumlichkeiten in Düsseldorf-Derendorf gefunden. Mit seinen eigenen Kunstverkäufen und denen seines Galeristen will er endlich den Weg aus der Arbeitslosigkeit schaffen und vielleicht eines Tages sogar ein Hilfsprojekt für Kinder finanzieren können. Das ist sein Traum.

Rashidi floh 1983 im Alter von 20 Jahren aus dem Iran. Als studierter Journalist hatte er sich lange Zeit mit Worten gegen das politische Regime aufgelehnt. Als Vater musste er vorsichtiger werden, sagt er, und hatnun in der Kunst eine neue Ausdrucksform gefunden. In seinen Motiven schwingen Erinnerungen an seine Kindheit und Heimweh mit, sie erzählen von Freiheit, Liebe, Emanzipation und üben Kritik am Regime seines Heimatlands — dennoch lassen sie Raum für eigene Interpretationen.