Leben in Haan 102-Jährige Keglerin schiebt keine ruhige Kugel

Haan · Für Sport und Spiel ist man nie zu alt: Das beweist Jutta Brill einmal pro Monat. Dann nämlich geht sie mit einem privaten Freundeskreis im Keglerheim Förster auf Punktejagd.

Die fast 103-jährige Jutta Brill kegelt immer noch einmal im Monat im Gruitener Keglerheim Förster mit ihren Kegelschwestern, die es zusammen auf fast 800 Lebensjahre bringen.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Der erste Wurf gebührt der Alterspräsidentin: Routiniert schreitet Jutta Brill zur Tat, nimmt sich eine Kugel, legt sie mit Schwung auf die Bahn – und bringt damit schon einmal sechs Kegel polternd zu Fall. Sichtlich zufrieden und unter anerkennenden Worten aus der Runde kehrt sie schließlich zum Tisch zurück, während eine Bekannte das Ergebnis mit Kreide auf der Tafel einträgt. Das ist allerdings im Grunde zweitrangig. „Es geht bei uns nur um Freundschaft und Spaß“, sagt Brill, während sie sich auf ihrem Platz im traditionellen Ambiente niederlässt.

Auf den Regalen an den holzvertäfelten Wänden stehen unzählige Pokale und Wimpel, die verschiedene Clubs irgendwann einmal errungen haben. Das Keglerheim Förster in Gruiten blickt schließlich auch schon auf eine längere Geschichte zurück: Um 1925 herum entstand hier eine Kegelbahn. Zu dieser Zeit war Jutta Brill allerdings auch schon da: Denn die gebürtige Thüringerin wird am 3. August stolze 103 Jahre alt. Das regelmäßige Kegeln betreibt sie dagegen „erst“ seit rund einem halben Jahrhundert. Auch wenn ihre Kolleginnen ihr bescheinigen, sie kegle „so, wie man kegeln muss“, stellt sie klar: „Ich bin sehr jungfräulich dazu gekommen.“

Nach der Flucht aus der jungen DDR war die gelernte Säuglings- und Kinderkrankenschwester erst einmal nach Heinsberg gelangt. „Ich habe an ganz verschiedenen Orten gelebt“, berichtet sie. Im Jahr 1956 habe sie dann gemeinsam mit ihrem Ehemann eine Bausparkasse in Mettmann übernommen – und dort Mitstreiterin Helge Zorn-Prehn kennengelernt. Man freundete sich an – und suchte eines Tages nach einem Gegenprogramm zum Stammtisch der Männer. So bildete sich schließlich der lockere Kegelclub heraus. Dem gehören derzeit neun Frauen an. „Wir treffen uns einmal im Monat“, erklärt die heute 83-jährige Zorn-Prehn, die selbst im Alter von 17 Jahren mit dem Sport in Berührung kam. Zwei Stunden lang wird stets eifrig gekegelt. „Wir versuchen immer auf der Bahn zu bleiben“, stapelt die Runde tief. Die üblichen Frotzeleien über geworfene „Pudel“ dürfen natürlich auch nicht fehlen. Auf den fröhlichen Wettstreit folgt stets die Belohnung in Form des gemeinsamen Essens.

Die nächste große Feier soll
der 105. Geburtstag sein

Ein richtiges Geheimnis ihrer Fitness gebe es nicht, versichert Jutta Brill, die bis ins Alter von fast 100 Jahren noch regelmäßig zum Turnen ging. Aber vielleicht trägt ja auch das launige Kegeln in geselliger Runde seinen Teil zum Jungbleiben bei: Das „Küken“ im Club ist um die 70. Eine frühere Mitstreiterin brachte noch bis ins Alter von 101 die Kegel zum Purzeln, eine andere mit 97. „Gemeinsam sind wir etwa 800 Jahre alt“, fasst Zorn-Prehn verschmitzt zusammen.

Die Gesprächsthemen am Tisch kreisten „querbeet“ um alles, was im Leben und auf der Welt eben so interessant sei, erzählen die Frauen – und stellen klar: „Über Krankheiten sprechen wir kaum.“ Einmal im Jahr geht es, vom Geld aus der Kegelkasse, gemeinsam auf Tour: Diesmal reist die Gruppe im September im Vulkanexpress durch die Eifel. Wenn es darum gehe, einzuordnen, wann man wohin gereist sei, müsse man nur Jutta fragen, betont Helge Zorn-Prehn: „Sie weiß das immer alles ganz genau.“

In der zweiten Runde widmen sich die Keglerinnen auf der Bahn inzwischen den kleinen Hausnummern. „Darin ist Jutta besonders gut“, erzählt eine Kegelschwester. Und in der Tat befördert die behutsam auf der Bahn abgesetzte Kugel nun lediglich zwei Kegel zu Boden. Vor einigen Jahren wechselte die Gruppe, deren Mitglieder überwiegend in Mettmann zuhause sind, ins Gruitener Keglerheim Förster. Neben dem monatlichen Kegeln dort zu einem festen Termin unter der Woche trifft sich Jutta Brill mit Helge Zorn-Prehn auch einmal pro Woche zum Spielen: Sonntags steht dabei Rummikub auf dem Programm. Wie sie ihren 103. Geburtstag begehen wird? „Ich mache nichts Besonderes“, verrät Jutta Brill. Ihren 100. habe sie vor drei Jahren groß gefeiert. „Damit ist jetzt erstmal Schluss.“ Die nächste größere Feier, ergänzt Helge Zorn-Prehn lächelnd, könne man ja dann für den 105. Geburtstag anpeilen.