Düstere Haushalts-Prognose Stadtkämmerin: „In fünf Jahren sind wir platt“

Haan · Die städtische Finanzexpertin Doris Abel hat am Dienstagabend bei der Einbringung des neuen Haushaltsentwurfs 2025 für Haan aus ihrem Herzen mal wieder keine Mördergrube gemacht. Es gab tatsächlich auch nicht viel Positives zu verkünden.

Dunkle Wolken über dem Haaner Rathaus für die kommenden Jahre.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Die Aussage kommt nicht besonders überraschend: Die Stadt Haan befindet sich finanziell in einer extrem kritischen Situation – und teilt damit das Schicksal vieler anderen Kommunen im Land. Der Haushaltsplanentwurf, den Bürgermeisterin Bettina Warnecke (CDU) und Stadtkämmerin Doris Abel am Dienstagabend in der Sitzung des Stadtrats vorlegten, schließt mit einem Minus von 12,1 Millionen Euro. Die mittelfristige Finanzplanung sieht sogar Defizite in der Größenordnung von insgesamt 23,5 Millionen Euro vor. Und auch am Ende des Finanzplanungszeitraumes im Jahr 2028 kann der Verwaltungsspitze zufolge kein ausgeglichenes Jahresergebnis dargestellt werden. Eine rosige Zukunft sieht anders aus.

Dabei kann Haan sich im Gegensatz zu vielen anderen Städten sogar noch auf verlässlich sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen verlassen. Für kommendes Jahr plant die Stadtverwaltung immerhin noch stolze 36,9 Millionen Euro aus dieser Quelle ein. „Unsere mittelstandsgeprägte Wirtschaftspolitik zahlt sich aus und unsere Wirtschaftsförderung macht einen guten Job“, lobte Warnecke.

Und doch gilt es festzuhalten: Die Stadt ist massiv unterfinanziert – kein Haaner Problem, sondern ein strukturelles, dessen Auswirkungen gleichwohl für die kommenden Jahre nichts Gutes erwarten lassen. Die positiven Jahresabschlüsse der Jahre 2017 bis 2021 von insgesamt 16,5 Mio. Euro sind bereits verbraucht. Als eine Kommune, die bis einschließlich 2020 zehn Jahre lang in der Haushaltssicherung gewesen sei, habe Haan auch kein Eigenkapital anreichern können, führte die Bürgermeisterin aus.

Was also lässt sich überhaupt noch tun? Nicht viel offenbar, nimmt man die Reden bei der Haushalts-Einbringung zum Maßstab. „Wir haben uns gemeinsam mit den Fachämtern jede Position angesehen“, versicherte Warnecke. Aber nach den langen Jahren der Konsolidierung habe Haan nicht mehr das Potenzial, weitere Kosten- und Aufgabensteigerungen zu kompensieren: „Über 90 Prozent der negativ auf den Haushalt einwirkenden Veränderungen sind von uns nicht gestaltbar“, betont Warnecke. „Die kommunale Welt und damit auch wir als Stadt können die Anliegen nicht allein bewältigen und auffangen und wir sind dringend auf Hilfe aus Düsseldorf und Berlin angewiesen.“ Immerhin seien es Bund und Land, deren Entscheidungen „gravierende Auswirkungen auf unseren Haushalt haben“.

Stadtkämmerin Doris Abel (rechts) nimmt für gewöhnlich kein Blatt vor den Mund.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Stadtkämmerin Doris Abel formulierte es noch drastischer: „Im April erst haben wir den Haushalt 2024 verabschiedet. Die verschärfte negative Entwicklung, die sich in den letzten sechs Monaten ergeben hat, war damals nicht absehbar und hat mich in dieser Größenordnung kalt erwischt“, sagte sie. Ihr Credo „in fünf Jahren sind wir platt“ sei bei ihren Mitarbeitern allerdings gar nicht gut angekommen. „Es wäre demotivierend, wenn ich weiterhin nur Weltuntergang predige“, zitierte Abel ihr Team.

Die städtische Finanzexpertin schlug einen Bogen von den Kosten der deutschen Wiedervereinigung über die Jugoslawienkriege, die Anfang der 2000er Jahre beschlossene „Agenda 2010“ und die weltweite Finanz-und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/09 bis hin zur Flüchtlingskrise 2015/16 und dem momentan tobenden Ukraine-Krieg.

Seit mehr als 30 Jahren gehe es bei all diesen Ereignissen und Entwicklungen immer um die gleiche Frage: Welche Kosten verursachen die beschlossenen Leistungsgesetze und wer bezahlt das alles? Grundsätzlich, so Abel, komme das Land NRW bei seinen Berechnungen immer zu wesentlich geringeren Kosten als die Kommunen. Oft sei das Landesverfassungsgericht angerufen worden, um den Kommunen zu ihrem Recht zu verhelfen. „Eine Beziehung auf Augenhöhe ist das nicht“, kritisierte Abel.

Besonders hart ging Haans Kämmerin aber mit dem Kreis Mettmann ins Gericht: „Unambitioniert und inakzeptabel“ sei dessen Haushaltsentwurf, schimpfte sie. Die 3,7 Millionen Euro, die Haan bei der Kreisumlage künftig zusätzlich aufbringen muss, seien ein regelrechter Schock gewesen. Sage und schreibe 62 neue Stellen gönne sich die Kreisverwaltung. Und „absolut nicht mehr zeitgemäß“ sei, dass der Kreis keinen globalen Minderaufwand in den Haushalt einstelle – ein Instrument, das die Städte seit Jahren zur (zumindest vorübergehenden Entlastung nutzen.

Investiert werden soll in Haan aller Finanzbelastung zum Trotz auch noch, vor allem in Bildung: Es geht also weiter bei den Sanierungen und Umbauten in den Schulen. So wie es bei Feuerwehr und Rathaus weitergehen soll. „Auch in die Sachausstattung werden wir investieren“, kündigte Abel an. Insgesamt wollen wir hierfür 10,6 Millionen Euro in die Hand nehmen.“

Finanziert werde das alles indes nahezu ausschließlich über Kassenkredite – ein Weg, der ziemlich schnell in die Überschuldung führt. „Bund und Land haben eine Schuldenbremse in ihrer Verfassung verankert.“, führte Doris Abel aus Für die Kommunen gelte das nicht: „Wir sind der Teil des Landes, für den diese Bremse eben nicht gilt.“ Und für NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) sei es „selbstverständlich, dass wir uns verschulden, um den Aufgaben gerecht zu werden“.

Der neue Stadtrat, der kommendes Jahr gewählt wird, ist um seine Aufgaben nicht zu beneiden.