Ein Mittagessen für jedes Kind
Kinderarmut: Die Stadt will 50 000 Euro jährlich für unbürikratische Soforthilfe zur Verfügung stellen. Auch die Bekämpfung von Kopfläusen in Familien mit Kindern unterschiedlichen Alters soll künftig kein Problem mehr sein.
<strong>Langenfeld. Kinderarmut ist auch in Langenfeld alltäglich zu beobachten. Häufig sitzen den Mitarbeitern des Kinderschutzbundes, der Arbeiterwohlfahrt oder des Sozialdienstes katholischer Frauen bei der Schülerbetreuung Kinder gegenüber, deren Mägen knurren. Ihnen gibt niemand ein Pausenbrot mit, und ihre Eltern können sich offenbar auch das Essen in der Schulmensa nicht leisten. Der Kinderschutzbund schätzt, dass etwa acht Prozent der rund 420 Kinder in der Nachmittagsbetreuung aus finanziellen Gründen kein Mittagessen bekommen. Das sind mindestens 34 Kinder mit schlechten Startvoraussetzungen für Bildung.
Das Problem lässt sich nicht in genaue Zahlen fassen
Wie viele Kinder und Jugendliche darüber hinaus Not leiden müssen, das sollte die Verwaltung ermitteln. 159 Kinder haben eine Einkaufsberechtigung für den SkF-Laden "Die Tüte", 1056 Kinder und Jugendliche leben in Familien, die mit "Hartz-IV" auskommen müssen, und 49 fallen unter das Asylbewerberleistungsgesetz. Doch die Scham vieler Eltern, ihre Hilfsbedürftigkeit einzugestehen führt dazu, dass sich das genaue Ausmaß des Problems mit Zahlen nicht fassen lässt. "Wir als reiche Stadt dürfen nicht wegschauen, sondern müssen in jedem Einzelfall unbürokratisch helfen", sagt Ulrich Moenen, Fachbereichsleiter Jugend, Schule und Sport. Wie Hilfe gewährt werden könnte, dazu hat eine Arbeitsgruppe, die mit Vertretern der Sozialverbände, des Gesundheitsamtes, der Verbraucherzentrale und der Verwaltung einen Maßnahmenkatalog erarbeitet, der am Mittwoch, 5. September, um 18 Uhr Sozial- und Jugendhilfeausschuss vorgestellt wird. 50 000 Euro will die Stadt ab 2008 Jahr für Jahr für die Bekämpfung von Kinderarmut bereitstellen. Moenen: "Das ist nur der Einstieg, bei Bedarf könnten die Gelder aufgestockt werden."Erster Ansatzpunkt ist das Schulessen. "Die Träger der Über-Mittag-Betreuung sollen sicherstellen, dass Kinder, die bislang nicht am Mittagessen teilnehmen konnten, eine Mahlzeit bekommen", sagt der Fachbereichsleiter. Dafür müssten 15 000 Euro bereitstehen. Die Entscheidung, wer das kostenlosen Essen bekommt, soll der Träger treffen. Moenen: "Die Verbände haben die soziale Kompetenz dafür erworben."
Den zweiten Hebel sollen Präventionskurse bilden. Hier könnten Eltern auf freiwilliger Basis zum Beispiel von der Verbraucherzentrale erfahren, wie sie Schulden vermeiden und abbauen. "Viele junge Eltern können nicht kochen", hat Moenen erfahren. Ein Kochkurs soll für Abhilfe sorgen. Mit Kosten von 7200 Euro wird kalkuliert.
8000 Euro pro Jahr will die Verwaltung für eine durch die Träger organisierte Soforthilfe vorsehen. Die soll immer dann greifen, wenn eine andere Form der Unterstützung ausscheidet. "Zum Beispiel wenn Schulhefte gekauft werden müssen", verdeutlicht Ulrich Moenen.
Auch die Bekämpfung von Kopfläusen in Familien mit Kindern unterschiedlichen Alters soll künftig kein Problem mehr sein. Jugendliche über 14 Jahre, die das Anti-Laus-Shampoo nicht mehr über die Krankenkasse erstattet bekommen, sollen es künftig über das Kreisgesundheitsamt im Rathaus gratis erhalten. Dafür sind jährlich 1000 Euro nötig.
Mit einem Euro pro Kind und Tag bezuschusst das Land NRW aus dem Fonds "Kein Kind ohne Mahlzeit" auf Antrag die 2,50 Euro teure Schulmahlzeit. "Die Sozialverbände haben uns davon überzeugt, dass dieses Programm der falsche Weg ist", sagt Ulrich Moenen, Fachbereichsleiter Jugend. Wer sich schäme, sich als arm zu outen, stelle keine Anträge.