Hilden: Lernen kennt keine Ferien

Der größere Leistungsdruck zwingt immer mehr Schüler zum nachträglichen Büffeln – sogar in der Grundschule.

Hilden. Der Freitag ist der letzte Tag der Herbstferien. Eine lernfreie Zeit waren die zwei Wochen aber nicht für alle Schüler. Seit der Einführung der verbindlichen Empfehlung für Grundschüler (2005) und der Zentralen Abschlussprüfung mit dem auf zwölf Schuljahre verkürzten Turbo-Abitur (2006/ 07) ist der Druck auf die Schüler enorm gestiegen. Fast jedes fünfte Kind in Deutschland braucht deshalb Nachhilfe - auch in Hilden.

Der Druck, die Versetzung zu schaffen und gute Noten vorzuweisen, steigt immer früher an. Denn bereits in der Grundschule müssen sich die Drittklässler einer Vergleichsarbeit stellen.

Deren Note ist unter anderem entscheidend für die verbindliche Empfehlung der Klassenlehrer, welche weiterführende Schule für die Kinder in Frage kommt. In den Nachhilfeschulen sind deshalb immer mehr Grundschüler zu finden. Waren es vor drei Jahren noch fünf Prozent, sind es heute schon zehn bis 20.

Auch danach lässt der Leistungsdruck kaum nach: In der zehnten Klasse folgt die Zentrale Abschlussprüfung (ZAP). Den Höhepunkt bildet schließlich das Abitur, das nach nur noch zwölf Schuljahren abgelegt wird - der zu bewältigende Lernstoff ist aber geblieben. "Die Schüler müssen sich einem erhöhten Lernpensum stellen", sagt Julian Görtz (26), ein Nachhilfelehrer des Studienkreises in Hilden. In mehr als 33 Stunden pro Woche müssen die "Frühabiturienten" die Themen abarbeiten.

"Die Kinder sind schon wie Manager", sagt Willi Issel, der Inhaber der Hildener Nachhilfeschule "Back 2 School" - und trifft damit den Nagel auf den Kopf: Etwa 65 Schüler wälzen in seiner Schule den Unterrichtsstoff und füllen ihre Wissenslücken. "Neun davon sind Grundschüler", so Issel. Auch ihm ist aufgefallen, dass die Zahl der Kinder aus der Primarstufe in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen ist.

18 Lehrer - hauptsächlich Studenten - sind bei "Back 2 School" für die Nachhilfe-Kandidaten mehrmals die Woche im Einsatz. Ihre Schützelinge sind im Durchschnitt sechs Monate da, "und lernen vor allem, wie sie lernen müssen", erklärt Issel. Und das lassen sich die Eltern natürlich auch etwas kosten - knapp elf Euro die Stunde.

Bei Patrick (14) hat vor zwei Jahren alles mit einer Fünf in Englisch angefangen. Seine Versetzung war damit zwar noch nicht gefährdet, aber seine Mutter Claudia Gärtner (40) fürchtete, "dass er den Anschluss verpasst". Seither büffelt der 14-Jährige regelmäßig auch außerhalb der Schule.

Nicht anders ergeht es Thomas Berndsen(16), der sogar die Ferien opfert, um seine Latein-Note zu verbessern - in Absprache mit seinen Eltern. So wie er bereiten sich schätzungsweise 40 Prozent der Nachhilfeschüler des Studienkreises auch in den Herbstferien auf die anstehenden Prüfungen vor.

Für den 16-Jährigen hat sich der Einsatz gelohnt. Er hat seine Latein-Note von Fünf auf Drei verbessert. Dafür hat er zwei Jahre gebraucht, denn "die Schüler machen in der Nachhilfe keine großen Sprünge", sagt Elfi Klostermann-Späth (57), die seit fast acht Jahren im Studienkreis unterrichtet. "Aber nach und nach werden die Schüler selbstständiger", fügt sie hinzu. "ZAP und verkürztes Abitur sind ein wichtiges Argument, dass die Schüler zu uns kommen", sagt Willi Issel - und das immer häufiger.